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Christian Heinrichs, LWK NRW
02.10.2008
Umwelt & Verbraucher

Schwächepilz mit vielen Gesichtern

Rhizoctonia solani kommt fast überall im Boden vor und lässt Wurzeln, Zwiebeln, Rüben und Knollen faulen

Der Fäulepilz Rhizoctonia solani ist im Boden überall präsent. Er befällt praktisch alle unterirdischen Pflanzenteile. Die starken Regenfälle im Frühjahr kamen ihm besonders im Rheinland gerade recht: Geschwächte Pflanzen auf verschlämmten, verdichteten Böden sind seine bevorzugten Opfer. Im Boden ist dem Pilz nicht beizukommen. Im Kartoffelanbau kann die Behandlung der Pflanzknollen vorbeugen.

Große Schäden bei Zuckerrüben im Rheinland

„Dieses Jahr schlägt Rhizoctonia solani im Rheinland wieder zu“, berichtet Christian Heinrichs, Experte für die Diagnose von Pflanzenschädlingen beim Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Bonn-Roleber. „Viele Ackerböden sind bei den starken Frühjahrs-Regen verschlämmt. Gerade dort, wo der Pilz bislang keine Probleme verursachte, erwarten wir große Schäden.“ Das Rheinland ist mit 55 000 Hektar und 5 000 spezialisierten Landwirtschaftsbetrieben eine der größten Anbauregionen für Zuckerrüben in Deutschland.

Rüben verfaulen unterirdisch

Die Schäden treten erst spät zutage: Scheinbar gesunde Rüben fallen einfach um, wenn der Landwirt beim Kontrollgang auf dem Acker mit dem Fuß gegen sie stößt. In diesem Stadium sind oberirdisch noch grüne Blätter und ein scheinbar kräftiger Rübenkopf sichtbar. Unterirdisch ist dann der Rübenkörper schon völlig verfault. Ursache ist der Fäulepilz Rhizoctonia solani, der praktisch überall im Boden vorkommt. Er dringt nahe der Bodenoberfläche an den Seiten der Rübe ein; die graubraunen Faulstellen liegen unsichtbar unter der Erde. Die Fäule wandert dann nach unten bis zur Wurzelspitze. Die Blätter sterben zuletzt. Wenn sie sich sternförmig um den Rübenkörper legen, hat die Pflanze kapituliert.

Der Verlust der Ernte droht

„Bei Zuckerrüben kann Rhizoctonia solani zum Verlust der gesamten Ernte führen“, weiß Heinrichs. Befallene Rüben bilden bereits vor dem Verfaulen Invertzucker anstelle von Saccharose. Das gefährdet die Zuckergewinnung in den Fabriken: „Invertzucker verklebt die Siebe und kristallisiert nicht wie die Saccharose. Deshalb werden Lieferpartien mit faulen Rüben erst gar nicht zur Verarbeitung angenommen“, erklärt der Experte. Für den Landwirt bedeutet das einen erheblichen finanziellen Verlust, denn diese Rüben können allenfalls noch zu Tierfutter verarbeitet werden.

Pflanzengesundheit ist das A und O

Rhizoctonia solani ist ein Schwächepilz: Während sich gesunde, kräftige Rüben gegen die Infektion gut wehren können, sind geschwächte Pflanzen leichte Opfer. „Wo es der Rübe schlecht geht, fühlt sich der Pilz wohl“, bringt es Heinrichs auf den Punkt. Die Berater empfehlen den Landwirten auf einen gesunden Boden zu achten, Verdichtungen zu vermeiden, in der Fruchtfolge den Maisanbau nicht direkt vor den Rübenanbau zu legen und tolerante Sorten anzubauen. „Auf gefährdeten Schlägen haben sich im Rheinland Zuckerrübensorten wie Nauta, Premiere und Syncro bewährt“, sagt Heinrichs.

Ein Pilz mit vielen Wirten

Mais sollte in der Fruchtfolge deshalb nicht vor Rüben wachsen, weil er vom selben Biotyp des Pilzes Rhizoctonia solani befallen wird wie die Rüben. Nach Expertenangaben gibt es mehr als 20 Biotypen (Anastomose-Typen) des Schadpilzes. Sie alle haben sich auf unterschiedliche Wirtspflanzen spezialisiert. So befällt der Typ AG 3 nur Kartoffeln Typ AG 2-2 IIIb greift Mais und Rüben an. Steht Mais vor Rüben, kann sich der für die Rüben gefährliche Biotyp stark vermehren und die Wurzelfrüchte noch wirkungsvoller attackieren.

Bei Kartoffeln zählt Rhizoctonia solani als Auslöser der Wurzeltöterkrankheit zu den wichtigsten Krankheitserregern. Auch bei dieser Ackerfrucht sind Witterung, ackerbauliche Maßnahmen, die Fruchtfolge und gesundes Pflanzgut wichtige Faktoren für die Entwicklung. Auf den Schalen der Kartoffeln setzen sich die schwarzbraunen Dauerformen des Pilzes (Sklerotien) fest, die Kälte und Trockenheit lange überdauern können. Keimen befallene Kartoffeln aus, beginnt auch der Pilz zu wachsen. Der Ansteckung über Pflanzgut kann mit der Beizung (Behandlung der Knollen mit chemischen Pflanzenschutzmitteln) vorgebeugt werden.