immer-mehr-pflanzenschutzspritzen-werden-mit-satellitenunterstuetzung-ueber-den-acker-gesteuert.jpg
Immer mehr Pflanzenschutzspritzen werden mit Satellitenunterstützung über den Acker gesteuert. Quelle: www.preagro.de
01.10.2007
Umwelt & Verbraucher

Helfer im All: „Satelliten-GPS, ein Glücksfall für Landwirtschaft und Gesellschaft“

Weniger Aufwand, gleicher Ertrag: Landwirt Wolfgang Täger- Farny setzt auf Precision Farming

GPS lenkt nicht nur Autofahrer durch den Großstadtdschungel, sondern steuert auch immer mehr Landmaschinen über die Äcker. Mit Hilfe der Satellitenortung kann der Landwirt gezielter den Boden bearbeiten und seine Pflanzen nach individuellem Bedarf spritzen und düngen. Das schont die Umwelt und den Geldbeutel des Landwirts: Bei gleich bleibendem Ertrag reduziert er den Aufwand an Energie, Nährstoffen und Pflanzenschutzmitteln. Profil online sprach mit Wolfgang Täger -Farny, Landwirt aus Volkmarsdorf in Niedersachsen und Pionier in Sachen Precision Farming, über seine Erfahrungen mit der Unterstützung aus dem All.

Berufsbild und Arbeitsumfeld des Landwirts haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Büroarbeit und Hightech-Geräte bestimmen den Alltag heute stärker als die Arbeit auf dem Feld. Vermissen Sie die alten Zeiten?

Die Landromantik gab und gibt es wahrscheinlich nur in Heimatfilmen. Mit der Realität auf unseren Höfen hat das wenig zu tun. In den letzten 50 Jahren hat sich zwar sehr viel geändert. Aber nach wie vor ist das Können des Landwirts neben dem Wetter entscheidend für eine gute Ernte. Er muss Informationen bündeln, auswerten und schließlich die richtigen Entscheidungen treffen. Der Unterschied zu früher besteht darin, dass uns heute viele technische Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Damit können wir unsere Äcker zum Beispiel teilflächenspezifisch bewirtschaften. Das heißt, dass innerhalb einer Anbaufläche unterschiedliche Gegebenheiten berücksichtigt werden. Die Pflanzen werden sozusagen individuell gepflegt. Zusammen mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung erprobe ich im Rahmen des Forschungsprojekts Pre agro geeignete Techniken.

Äcker individuell bearbeiten – wie funktioniert das?

Bevor ich heute den Schlepper starte, schiebe ich zunächst eine Speicherkarte in den Bordcomputer. Darauf sind alle wichtigen Informationen über meine Äcker enthalten, so unter anderem die Bodeneigenschaften und meine Vorgaben, wo und wie viel gespritzt werden soll. Mit Hilfe der GPS-Ortung erkennt nun der Bordcomputer, an welcher Stelle des Ackers sich der Schlepper befindet und regelt dementsprechend die angehängte Spritze. Je mehr Halme auf dem Quadratmeter wachsen, desto instabiler sind sie. Auf einem Kieskopf steht das Getreide meist dünner als in feuchteren Senken. Das heißt, die einzelnen Halme sind robuster und deswegen weniger lagergefährdet. Hier wird weniger für die Standfestigkeit des Getreides gespritzt als in den Senken. Nach dem gleichen Prinzip lassen sich auch Düngerstreuer oder Pflug steuern. Allerdings steckt auch hier der Teufel im Detail. Wir haben noch viele Probleme mit Datenschnittstellen und der Datenkompatibilität, sodass wir längst noch nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen können.

Ist Ihr Know-how überhaupt noch gefragt, wenn der Rechner Ihnen die Arbeit abnimmt?

Mein Können ist mehr denn je gefordert. Eine Maschine oder ein Computer ist nur so gut, wie ihr Benutzer es erlaubt. Ich mache die Vorgaben – die Maschine führt sie aus. Und zwar exakter, als ich es jemals könnte. Seitdem ich mit diesen Verfahren arbeite, beschäftige ich mich zudem viel intensiver mit den Faktoren und den Wechselwirkungen, die das Pflanzenwachstum bestimmen. Ingesamt arbeite ich noch sensibler als zuvor.

Welche Auswirkungen hat Precision Farming auf Ihren Betrieb?

Meine Mitarbeiter und ich können damit sehr viel gezielter arbeiten und die Pflanzen bedarfsgerechter pflegen. Das bedeutet, bei gleichem Ertrag haben wir weniger Aufwand. Wissenschaftliche Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass bei einer Bodenbearbeitung bis 50 Prozent der Energie und bei der Düngung 10 bis 20 Prozent der Nährstoffe eingespart werden können, ohne dass der Ertrag darunter leidet. Das heißt: Wir produzieren weniger CO2 und reduzieren das Risiko, dass Pflanzenschutzmittel und Dünger überdosiert werden. Die neuenTechniken, die man unter dem Begriff Precision Farming zusammenfassen kann, sind ein Glücksfall für uns alle.

In welche Richtung wird sich Precision Farming bzw. die teilflächenspezifische Bewirtschaftung entwickeln?

Wenn wir die Zeit der Prototypen überwunden haben und praxisreife Technik verfügbar ist, dann wird die Entwicklung rasant weitergehen. Besondere Hoffnungen setze ich auf so genannte Online-Verfahren. Zum Beispiel kann ein Pendelsensor vor dem Schlepper die Standfestigkeit des Getreides ermitteln. Entsprechend dem Messwert teilt die nachfolgende Pflanzenschutzspritze die passende Menge Wachstumsregulator zu. Auch Unkräuter können „online“ gezielter bekämpft werden. Eine Kamera vor dem Schlepper ermittelt die Unkrautarten und –zahlen, und die Spritze mischt dann die passenden Pflanzenschutzmittel zusammen.

Mehr zum Thema unter www.preagro.de.