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Der goldene Oktober macht wieder einmal Spitzenweine aus Toplagen möglich. Foto: Moselwein e.V.
30.10.2014
Umwelt & Verbraucher

Geschliffene Weinsäure und vornehme Eleganz

Freude auf eine reichliche Traubenlese an der Mosel

Dieses Weinjahr ist anders und doch wieder nicht. Witterung in den entscheidenden Wochen und Tagen, Schädlingsbefall und Krankheiten sind die wichtigsten Faktoren für das Gelingen eines guten Weins. Aber es gibt noch viele andere Einflüsse. Die Künste der Kellermeister gehören stets dazu.

„Da ist alles drin – vom Qualitätswein bis zu edelsüßen Weinen.“ Ansgar Schmitz, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Moselwein e.V., blickt Ende September zuversichtlich auf den Jahrgang 2014. Tagsüber sonnig, nachts frisch – Winzerherz, was willst Du mehr, wenn die Beeren dann auch noch kühl in den Keller kommen! Recht warm war das Frühjahr mit einem frühen Austrieb und einer ebenso zeitigen Blüte. Trotz des verregneten Sommers sind die Vorzeichen für den Jahrgang günstig. Die Menge stimmt, und die in Oechsle gemessenen Mostgewichte signalisieren Normalität. Jetzt noch ein goldener Oktober…!

Früher Herbst, langgezogene Ernte

Trotz einiger Wetterausschläge wurden die Mosellagen von Schädlingsbefall und Krankheiten weitgehend verschont. Deshalb freut sich Ansgar Schmitz über die gesunden Trauben und ist vor allem froh, dass die Fäulnis Botrytis in diesem Jahr beinahe zu vernachlässigen ist, nicht zuletzt dank des professionellen Pflanzenschutzes der Moselwinzer. Botrytis ist ein Fäulnispilz, der alle grünen Rebteile und die reifenden Trauben befallen und schädigen kann. Bei reifen Trauben und günstiger Witterung ruft der gleiche Pilz dagegen die begehrte Edelfäule hervor.

Während die beiden letzten Jahre kleine Erntemengen, aber Top-Qualität hervorbrachten, zeichnet sich 2014 eine Parallele zum Weinjahrgang 2011 ab. „Nicht ganz so opulent in der Reife, mit einem kühl einsetzenden frühen Herbst und einer langgezogenen Erntephase“, bilanziert Schmitz vorab. So zeichnet sich für die Moselweine, die längst wieder Weltgeltung erlangt haben, „ein in der Spitze brillanter Jahrgang mit feinen Fruchtaromen und einer geschliffenen Weinsäure, die dem Wein eine vornehme Eleganz gibt, ab“.

Spezielle Lese-Kultur an der Mosel

Müller-Thurgau weist Ende September mit 70 bis 75 Grad Oechsle vorzeigbare Werte auf, Elbling als Sektgrundwein liegt in der Skala an gleicher Stelle, Riesling startet Anfang Oktober. Die Mosel hat eine besondere Lese-Kultur, die beim Riesling weit in den November reicht. Dabei werden nicht gleich alle Trauben aus einem Weinberg auf einmal zur Kelter gebracht, sondern es gibt mehrere Ernte-Durchgänge. Einzelne Trauben bleiben hängen, um weiter zu reifen.

Die Erntehelfer lesen das Erntegut mit geschultem Blick. So kann der Winzer aus ein und demselben Weinberg Weine unterschiedlicher Charakteristik und Qualitätsstufe erzeugen. Aus früh geernteten Trauben entsteht ein leichter Kabinettwein, aus später geernteten Beeren des gleichen Weinbergs entstehen hochreife Spät- oder Auslesen. Krönung dieser Weinernte-Kultur sind die Beeren- und Trockenbeerenauslesen. Diese edelsüßen Raritäten werden aus dem konzentrierten Saft eingetrockneter oder aus von Edelfäule (Botrytis) befallenen Weinbeeren erzeugt.

Lieber kühl als warm, aber von beidem nicht zu viel

Wenn im November die Ernte abgeschlossen ist und der Most im Edelstahltank oder Holzfass gärt, hält die Spannung noch an. Denn für den begehrten Eiswein reifen dann immer noch Trauben, die einen möglichst abrupten Kälteeinbruch brauchen. So schließt das Weinjahr mit einem Wein aus gefrorenen Trauben ab. Damit alles das, vom gelungenen Kabinettwein bis zum kostbaren Eiswein, auch gelingt, hat Ansgar Schmitz nur scheinbar bescheidene Wünsche: „Für die nächsten vier bis sechs Wochen trockenes Wetter, lieber kühl als warm, aber von beidem nicht zu viel.“ Für alle Fälle können immer noch die Künste des Kellermeisters wirken. In jedem Weinjahr an der Mosel ist es eben immer wieder das Gleiche, und doch jedes Mal wieder ganz anders.

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