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Wolken über Zuckerrohrfeld Quelle: dpa
17.08.2005
Umwelt & Verbraucher

Alles Zucker – ob aus der Rübe oder dem Halm des Zuckerrohrs

Etwa 70 Prozent des weltweit erzeugten Zuckers entfallen auf Rohrzucker, 30 Prozent auf Rübenzucker.

Für den Verbraucher macht es keinen Unterschied, ob Zucker aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen wird. Beide enthalten (Saccharose-)Zucker. Brasilien ist der weltgrößte Produzent von Zucker aus Zuckerrohr. Mancherorts, wie an der Atlantikküste des Landes, musste der Regenwald zugunsten einer massiven Ausdehnung der Anbauflächen weichen. Die Produktionsmethoden in Brasilien sind so kostengünstig, dass es die Bauern in Entwicklungsländern und Europa schwer haben, mit dem brasilianischen Zucker zu konkurrieren. In 119 Ländern der Welt wird Zucker erzeugt, davon in 70 nur aus Zuckerrohr, in 38 nur aus Zuckerrüben und in 11 Ländern aus beiden Pflanzenarten.

Hier die unscheinbare Rübe.....

Hier zu Lande gilt die Zuckerrübe Beta vulgaris als die „Königin der Feldfrüchte“. Die eher unscheinbare Pflanze gehört zur Familie der Gänsefußgewächse und ist im gemäßigten Klima zuhause. Oberirdisch wird die Zuckerrübe gerade mal 50 cm hoch. Unterirdisch bildet sich aus dem oberen Bereich der Hauptwurzel der Rübenkörper. Er ist ungefähr 30 Zentimeter lang, zwischen 700 bis 900 Gramm schwer und enthält den Zucker.

Nach der Aussaat Ende / Anfang Mai können nach

6 Monaten 40 bis 65 Tonnen Rüben/Hektar geerntet werden. Der Zuckeranteil liegt bei 16 bis 18 Prozent. Der durchschnittliche Zuckerertrag betrug 2004 knapp 10 Tonnen Zucker/ Hektar.

.......dort der gigantische Grashalm

Zuckerrohr Saccharum officinarum gehört zur Familie der Gräser. Es wird bis zu 7 Meter hoch. Die bis zu 5 cm dicken Halme sind angefüllt mit dem weichen, zuckerspeichernden Mark. Die Tropenpflanze mag es heiß: 20 bis 28 o Celsius, Frost ist für sie tödlich. In den meisten Regionen Brasiliens muss die Kultur bewässert werden. Die Vermehrung erfolgt mit dem Auslegen von Stecklingen. Sie werden mit Erde bedeckt und bewässert. Die Ernte setzt 10 bis 24 Monate später ein, die Erträge hängen vom Standort und der Witterung ab. Das Weltmittel liegt bei über 60 Tonnen/Hektar. Als Höchsterträge werden 120 Tonnen/Hektar genannt. In der brasilianischen Region um Sao Paolo werden beispielsweise ca. 93 Tonnen Rohr/Hektar geerntet. Die Zuckerausbeute beträgt zwischen 9 bis 20 Prozent, liegt also zwischen 6 bis etwa 25 Tonnen/Hektar.

Ernte mit der Machete

Der Zuckerrohranbau in Brasilien ist nach wie vor mit viel Handarbeit verbunden, besonders zur Ernte. Dabei werden die Halme tief am Grund zumeist mit der Machete abgeschlagen, die Blätter entfernt. Die gebündelten Halme müssen sehr schnell mit Wagen und Feldbahnen zur Fabrik gebracht werden. Denn die hohe Atmung bei tropischen Temperaturen lässt den Zuckergehalt sehr schnell merklich sinken. Entweder werden die Stoppeln untergepflügt oder man lässt sie wieder austreiben und erntet dann vier- bis achtmal vom gleichen Feld. Dabei muss für einen ausreichenden Nährstoffnachschub durch Düngung gesorgt werden.

Vollmechanisierte Rübenernte

Während deutsche Bauern noch 1950 über 400 Arbeitsstunden je Hektar für Saat, Anbau und Ernte „investieren“ mussten, reichen heute 16 Stunden. Maßgeblichen Anteil daran haben Unkrautbekämpfungsmittel, die ganz gezielt weitgehend angewendet werden und die Handarbeit mit der Hacke überflüssig machen. Auch die voll mechanisierte Ernte mit so genannten Rübenvollerntern spart Arbeitsstunden. Der Anbau in Deutschland erfolgt nach den gesetzlich vorgegebenen Regeln der „Guten fachlichen Praxis“, um Umweltbelastungen zu vermeiden.

Schaderreger hier wie dort

Während der Rübenanbau früher auch durch das Vereinzeln der Pflanzen viel Handarbeit erforderte, werden die Samen heute maschinell im Abstand von 20 Zentimetern gesät. Sie sind in eine Pillenhülle eingebettet, die Fungizide und Insektizide enthält. Dadurch können Keimlinge unbehelligt von Pilzen und Schädlingen aufwachsen. Später müssen die Pflanzen vor vielen Unkrautarten, Fadenwürmern (Nematoden) und Viren geschützt werden. Zum Beispiel vor der Virösen Wurzelbärtigkeit oder Rizomania, übertragen durch einen Bodenpilz.

Im Zuckerrohr ist beispielsweise der Stängelbohrer aus der Familie der Zünsler ein gefürchteter Schädling. In den Tropen tritt auch die Hausratte im Zuckerrohr als Pflanzenschädling in Erscheinung. Pilzliche Krankheitserreger verursachen z. B. die Ringfleckenerkrankung oder Wurzelfäule.

Unterschiedliche Produktionskosten

Nach Berechnungen von Prof. Folkhard Isermeyer von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig liegen in Deutschland die Produktionskosten auf guten Rübenstandorten bei 400 bis 420 Euro je Tonne Zucker.

Bei den wenigen großen Farmern Brasiliens schlagen diese Kosten nur mit 250 Euro je Tonne zu Buche. Sie exportieren inzwischen 25 Millionen Tonnen* (2004). Ursachen für den unterschiedlichen Aufwand sind unter anderem einerseits die geringen Arbeitskosten in Brasilien, andererseits die hier zu Lande hohen Umwelt- und Sozialstandards der Produktion. So fürchten 48 000 deutsche Rübenanbauer und weitere 300 000 in den übrigen EU-Ländern mittlerweile um ihre Existenz.

* Insgesamt beträgt die Weltzuckerproduktion 143,7 Mill. Tonnen. Davon verbleiben 66 Prozent in den Erzeugerländern, 34 Prozent gehen in den Handel mit anderen Ländern, also ca. 50 Mill. Tonnen. (Wirtschaftliche Vereinigung Zucker)