wein.jpg
Moderne Pflanzenschutzmittel sorgen für pilz- und schädlingsfreie sowie gesundheitlich unbedenkliche Ware. Quelle: Wiedenau
15.04.2010
Schule & Wissen

Vom Bannfluch bis zum Hightech-Produkt

Meilensteine in der Geschichte des Pflanzenschutzes

Gute Ernten, schlechte Ernten – das Wetter ist in der heutigen Zeit meistens das Zünglein an der Waage. Dank moderner Anbaumethoden mit gezieltem Pflanzenschutz und bedarfsgerechter Düngung können Landwirte heute deutlich mehr ernten als früher. Unsere Vorfahren konnten ihre Kulturen kaum gegen Krankheiten, Schädlinge und Unkräuter verteidigen. In ihrer Not versuchten die Menschen im Mittelalter, Schädlinge sogar mit Bannflüchen fern zu halten. Heute gibt es für viele Probleme maßgeschneiderte Lösungen. Diese sind dem Forscher- und Erfindergeist herausragender Persönlichkeiten zu verdanken. Einige stellen wir in unserer Serie „Meilensteine in der Geschichte des Pflanzenschutzes“ vor.

Die Geschichte des Pflanzenschutzes begann, als aus unseren jagenden und sammelnden Vorfahren sesshafte Ackerbauern wurden. Im vorderen Orient vollzog sich diese Entwicklung um 8 000 bis 6 000 vor Christus. Bereits im antiken China, in Ägypten, Griechenland und Rom finden sich Beschreibungen von Krankheiten und Schädlingen an Kulturpflanzen, zum Beispiel bei Aristoteles, Theophrast (4. Jahrhundert vor Christus) und Plinius (1. Jahrhundert). Die Bauern bekämpften Unkräuter durch Hacken oder versuchten, mit ersten Beizmitteln die Saatkörner vor Schädlingen zu schützen. Krankheiten und Schädlinge wurden in der Antike und besonders im Mittelalter häufig als Gottesstrafe angesehen. Noch bis in die Neuzeit fanden so genannte Tierprozesse statt: Kirchliche und weltliche Gerichte belegten Heuschrecken oder Maikäfer mit einem Bannfluch, der sie davon abhalten sollte, weiterhin die Ernten zu vernichten. Erfolge dieser Methode sind nicht überliefert.

In der Neuzeit entwickelte sich die Wissenschaft rasant

Ausgehend von griechisch-römischen Überlieferungen empfahlen die Gelehrten Beizungen mit Salzwasser, Abkochungen und Auszüge von Zwiebeln, Knoblauch und Pfefferminze. Zur Bekämpfung von Moosen und Flechten an Obstbäumen wurden „Winterspritzungen“ mit einer Kalk-Kochsalz-Wasserglas-Mischung durchgeführt. Um Insekten zu bekämpfen, kamen Kalk, Seife, Tran, Terpentinöl und Kampfer zum Einsatz. Wie ungenügend die Methoden aber noch waren, zeigt ein winziger Pilz mit dem wissenschaftlichen Namen Phytophthora infestans, Auslöser der Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln. In Irland, wo Kartoffeln damals die wichtigste Nahrungspflanze waren, folgten 1846 bis 1849 mehrere durch die Fäule verursachte Missernten aufeinander. Als Folge der damit einhergehenden Hungerkatastrophe starben über eine Million Menschen.

Wirksame chemische Mittel erst in der späten Neuzeit

Erste wirkungsvolle chemische Produkte zum Schutz von landwirtschaftlichen Kulturen standen in Europa ab Mitte des 19. Jahrhunderts zur Verfügung. Damals schützten Schwefel und später auch Kupfer Weinreben vor Pilzkrankheiten. Arsenverbindungen halfen gegen beißende Insekten, und ab 1910 kamen quecksilberhaltige Beizen zum Einsatz. Seit 1945 wurden zahlreiche synthetische Verbindungen erforscht, so dass mittlerweile ein Großteil der wichtigsten Schaderreger mit Erfolg bekämpft werden kann. Kupfer, Arsen, Quecksilber, diese kleine Auswahl macht deutlich, dass zunächst die Wirkung der Mittel auf die Schaderreger im Vordergrund stand und nicht die Nebenwirkungen auf Mensch und Umwelt. Diesen kommt heute bei Forschung und Zulassung eine zentrale Rolle zu. Die Anforderungen für die Zulassung sind deshalb ständig gestiegen.

Die heutigen Pflanzenschutzmittel sind echte Hightech-Produkte.

Bei korrekter Anwendung wirken sie gezielt ausschließlich auf bestimmte Schaderreger ohne unerwünschte Nebeneffekte zu verursachen. Sie bauen sich schneller und weiter ab als ihre Vorgänger. Das geschieht entweder im Stoffwechsel der Pflanze oder durch Licht, häufig auch durch Mikroorganismen. Meist bleiben nur Wasser, Kohlendioxid, Stickstoff oder Phosphat als Abbauprodukte übrig. Im Rahmen des behördlichen Zulassungsverfahrens müssen heute auch Informationen zu den Abbauprodukten der Pflanzenschutzmittel zur Bewertung vorgelegt werden.

Moderne Pflanzenschutzmittel sorgen für pilz- und schädlingsfreie sowie optisch ansprechende und gesundheitlich unbedenkliche Ware. Sie tragen damit dazu bei, dass deutsche Verbraucher heute aus einer Vielfalt an sicheren, hochwertigen und preiswerten Lebensmitteln auswählen können.