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Lange Grannen sind ein Kennzeichen von Gerste. Foto: Matthias Wiedenau
17.07.2014
Schule & Wissen

Reife Gerste läutet Getreideernte ein

Rohstoff für Bier, Whisky, Malzkaffee und vor allem Viehfutter

Gerste ist die Getreideart, die als erste erntereif ist. Je nach Witterung und Region arbeiten sich die Mähdrescher von Ende Juni bis Ende Juli durch die Äcker. Andere in Mitteleuropa angebaute Getreidearten wie Roggen, Hafer und Weizen sind danach an der Reihe. Auch wenn die größte Menge in den Futtertrog geht, so ist Gerste doch für uns Menschen ein unverzichtbarer Rohstoff. Vor allem für Freunde alkoholischer Getränke wie Bier oder Whisky. Für hohe Erträge muss Gerste gezielt vor Schaderregern geschützt werden.

Wissenswert

Gerste reift besonders schnell: Der Erntezeitpunkt liegt deutlich vor anderen Getreidearten, und die Wachstumszeit ist zumindest bei der Sommerform kürzer. Von der Aussaat der Sommergerste im Frühjahr bis zur Ernte vergehen nämlich weniger als 100 Tage. Damit kann das Getreide auch in höheren und nördlichen Lagen angebaut werden. Selbst in Kanada gedeiht die Ackerfrucht bis an den südlichen Rand der Tundra. Gerste besitzt gegenüber anderen Getreidearten zwei typische Merkmale: Lange Grannen und stängelumfassende Blattöhrchen. So heißen die kleinen Lappen an beiden Seiten des Blattgrundes. Die Grannen sitzen an den Hüllspelzen der Körner. Im Vergleich zu Roggen, Weizen oder Triticale sind sie bei Gerste besonders lang.

Wenn es um die Verwendung von Gerste geht, denken viele an Malz und Bier. Tatsächlich nimmt die Fläche der Braugerste aber nur rund 30 Prozent des gesamten Gerstenanbaus in Deutschland ein. Der größte Teil der Ernte geht ins Viehfutter. Im europäischen Ausland, vor allem in Irland und Schottland, wird Gerste zur Whiskyproduktion verwendet. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es übrigens auch Whiskey mit zusätzlichem e. Irische Brennereien wählten diese Schreibweise, um sich von den schottischen Wettbewerbern abzuheben. Aus Gerste wird außerdem Malzkaffee als Kaffeeersatz ohne Koffein, Grütze (geschälte Körner), Graupen (geschliffene Körner) und Mehl hergestellt, das sich jedoch nur bedingt und in Mischung mit anderen Getreidemehlen zum Backen eignet. 

Herkunft und Ansprüche

Gerste wird seit der Jungsteinzeit, also etwa seit 5000 vor Christus in Mitteleuropa angebaut. Der Ursprung der Getreideart wird im Vorderen Orient und in der östlichen Balkanregion vermutet. Gerste kommt mit ungünstigen Wachstumsbedingungen zurecht. Sie benötigt beispielsweise weniger Wärme als Weizen und wird durch ihre frühe Reife auch weniger von Frühsommertrockenheit beeinträchtigt als dieser. Gerste ist jedoch weniger winterhart als Weizen. Bei Kahlfrösten unter minus 15 Grad Celsius wird es kritisch.

Anbau

Grundsätzlich ist Wintergerste von Sommergerste zu unterscheiden. Die Winterform wird je nach Region Mitte September bis Anfang Oktober gesät und benötigt kalte Wintertemperaturen, um später Körner bilden zu können. Wintergerste ist ertragreicher als Sommergerste, die möglichst direkt nach dem Winter bei abgetrockneten Böden gesät  werden sollte. Bei zweizeiligen Sorten sind die Körner in zwei Reihen an der Ähre aufgereiht. Im Wintergerstensortiment dominieren mehrzeilige Sorten.    

Pflanzenschutz und Düngung

Ein hohes Ertragsniveau kann Gerste nur erreichen, wenn sie gezielt vor Unkrautkonkurrenz und Krankheitserregern geschützt wird. Dazu zählt eine Unkrautbekämpfung in der Jugendentwicklung, eine Beizung des Saatguts unter anderem gegen Streifenkrankheit, Flugbrand und Schneeschimmel und Fungizide während des Wachstums gegen Netzflecken oder Mehltau. Um einem Abknicken der Halme bei Sturm und Regen vorzubeugen, setzen Landwirte Wachstumsregler ein, die die Halme kräftiger machen und nicht so hoch wachsen lassen. Bedarfsgerechte Düngung ist ebenso wichtig. Allerdings muss bei Braugerste der Stickstoff sehr dosiert eingesetzt werden. Zu hohe Gaben treiben den Eiweißgehalt der Körner nach oben. Der sollte zwischen 9,5 und 11,5 Prozent liegen.

Ernte und Lagerung

Je nach Jahreswitterung und Anbauregion beginnt die Ernte ab Ende Juni. Bauern prüfen zuvor den Wassergehalt der Körner. Ab 15 Prozent ist das Erntegut lagerfähig. Bei höheren Gehalten drohen Schimmelbefall und damit die Bildung gefährlicher Mykotoxine (natürlicher Pilzgifte). Feucht geerntetes Getreide muss daher unbedingt getrocknet und gekühlt werden. Gut sind Lagertemperaturen unter zehn Grad Celsius. Dann sinken die Atmungsverluste, und die Entwicklung von Lagerschädlingen wie Kornkäfer oder Getreideplattkäfer wird stark gebremst. 

Zahlen

2014 wuchsen in Deutschland auf 1 236 600 Hektar Wintergerste und auf 359 200 Hektar Sommergerste. Zum Vergleich betrug die Fläche für Weizen als bedeutendste Getreideart 3 125 000 Hektar. Die Erträge schwanken über die Jahre hinweg. Sie lagen 2011 bei 54,7 und 2013 bei 65,9 Dezitonnen pro Hektar, bei Weizen zwischen 70,1 beziehungsweise 80,0 Dezitonnen pro Hektar (Quelle Statistisches Bundesamt).

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