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Die neu entwickelte Kartoffelsorte bildet eine Stärke, die vollständig aus Amylopektin besteht und somit ideal für die Herstellung von Papier, Textilien oder Klebstoff ist. Bei den bisherigen Sorten musste zunächst Amylose, die zweite Stärke, entfernt werden. Quelle: Matthias Wiedenau
24.08.2010
Forschung & Technik

Kartoffelzüchtung: Was ist besser? Tilling statt Gentechnik?

Stärkefreie Kartoffelsorte mit neuer Methode gezüchtet

Das Züchtungsziel hieß amylosefreie Kartoffel, der Züchtungszweck ist der Einsatz in der Herstellung von Papier, Textilien oder Klebstoffen. Zwei Züchtungsmethoden führten zu diesem Ziel: Gentechnik und Tilling. Mit der Tillingmethode sollen zukünftig zum Beispiel Tomaten salztolerant und Sojabohnen dürreresistent, Erdbeeren länger haltbar oder Tomaten gelb werden. Macht Tilling die umstrittene Gentechnik überflüssig?

Licht und Schatten

„Nur bedingt“, sagen Experten wie Dirk Prüfer vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie. „Mit Tilling können wir nur Eigenschaften verändern, die auf Genen beruhen, die bereits in der Pflanze sind.“ Tilling nennt man eine Züchtungsmethode, die durch chemische Substanzen und Röntgenstrahlung Mutationen im Erbgut der Pflanzen auslöst. Neue Eigenschaften, wie sie durch das Überschreiten von Artgrenzen entstehen können, sind mit Tilling ebensowenig zu erreichen wie neue Stoffwechselwege, wie etwa beim Vitamin A-haltigen „Goldenen Reis“. Auch insektenresistenter Bt-Mais könnte mit diesem Verfahren nicht gezüchtet werden.

Was ist neu?

Das Neue beim Tilling (Targeting Induced Local Lesions In Genomes) ist die Kombination der herkömmlichen Mutationszüchtung mit der DNA-Analyse. Die DNA-Analyse ermöglicht die sichere Auslese aus tausenden mutierten Pflanzen. Mit ihrer Hilfe werden die Exemplare sicher herausgesucht, die die Veränderungen in den gewünschten Genen zeigen. Klingt gut, ist aber in der Praxis recht mühsam: Bis zu 20 000 Punktmutationen, die über das gesamte Erbgut verteilt sind, können zum Beispiel bei Weizen auftreten. Viele wichtige Eigenschaften, wie etwa Ertragsfähigkeit, können dabei verlorengehen und sind dann nur über mehrjähriges Rückkreuzen mit Hochleistungssorten wieder zu erlangen. Im Falle der Kartoffel hat das sechs Jahre gedauert.

Während Gentechnikgegner die Tillingmethode für akzeptabel halten, weil sie ihr Risikopotenzial für niedriger halten, plädieren Pflanzenexperten für eine differenzierte Betrachtung. Sie verweisen darauf, dass grundsätzlich jedes Züchtungsverfahren unerwartete Ergebnisse haben kann. Deshalb werden alle neuen Sorten gründlich geprüft, bevor sie auf den Markt gelangen.