Das rasche Absterben ganzer Rebstöcke kann gestoppt werden
Esca gibt richtig Zunder, und das ist ganz wörtlich zu nehmen, denn Esca ist das lateinische Wort für Zunderschwamm. Die Symptome zeigen sich vor allem an Blättern und Trieben, und wenn nicht entschieden gegengesteuert wird, welken und kümmern viele Stöcke und sterben schließlich ab. Wissenschaftler in der Abteilung Weinbau, Oenologie und Weinmarkt des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Oppenheim sowie in der Gruppe Phytomedizin für den Weinbau des DLR Rheinpfalz in Neustadt, haben den Kampf gegen die zerstörerische Krankheit aufgenommen.
Die Schnittsysteme kommen unter die Lupe
Kein Einfallstor der Holzerkrankung bleibt unbeobachtet. Jede Idee, die Heilung oder mindestens Linderung verspricht, wird außer Acht gelassen. Die Forscher nehmen Bodenproben, prüfen die Anfälligkeit der Rebsorten und den Standraum, nehmen die Schnittsysteme unter die Lupe und halten Ausschau nach Gegenspielern der Esca-Erreger. Die eine Aktion, die das Problem mit einem Mal löst, ist dabei nicht in Sicht. Doch es gibt erste Erfolge bei der Gegenwehr.
Mit Minimalschnitt geht der Befall gegen Null
Auf schwerem Boden wachsen besonders stark von Esca-heimgesuchte Anlagen. Das besagen Umfragen bei 100 Winzern, die Andreas Kortekamp, DLR Rheinpfalz, angestellt hat. Sandige Böden sind deutlich weniger betroffen. Die Rebsorten Sauvignon Blanc und Gewürztraminer erkranken stärker, Burgundersorten weniger schlimm. Bei einem hohen Stockertrag tritt Esca eher auf. „Per Minimalschnitt scheinen sich zumindest Neuinfektionen verhindern zu lassen“, formuliert Arno Becker, DLR Oppenheim, in wissenschaftlich gebotener Zurückhaltung. Um anzufügen: „Wird der Minimalschnitt von Anfang an praktiziert, dürfte der Esca-Befall nach vielen Standjahren gegen Null tendieren.“
Wenn die Reben weinen
Für wirksam gegen Esca-Neuinfektionen, aber kaum duchführbar hält Becker den Rebschnitt bei ausschließlich trocken-kalter Witterung, wenn die Sporenbelastung der Luft am geringsten ist. Aber darauf zu warten würde den Winzer Monate kosten. Umstritten ist der Schnitt beim „Weinen der Reben“. Wenn im Frühjahr Wasser aus den Rebwurzeln in die Leitungsbahnen des Rebstocks gedrückt wird, tritt Flüssigkeit aus. Die optimistische Meinung: Der Blutungssaft schwemmt dann neue Pilzsporen aus. Kritiker halten dagegen, dass gerade in dieser Zeit die Esca-Erreger verbreitet werden.
Die Fungizid-Mischung wird nach dem Schnitt aufgesprüht
Das Versiegeln der Schnittwunden an den Reben ist ein weiterer Forschungsschwerpunkt in den Instituten. Dabei kommt es vor allem darauf an, dass der Verschluss nicht zu dicht ist, mahnt Arno Becker. Vielversprechend ist eine durchlässige Membran, die dafür sorgt, dass die Rebe Feuchtigkeit abgeben kann, die jedoch keine Esca-Erreger eindringen lässt. Becker: „Eine Fungizid-Mischung, die unmittelbar nach dem Schnitt aufgesprüht wird, könnte ebenfalls zur Problemlösung führen.“ An geeigneten Produkten wird mit Nachdruck geforscht.
Rigoroser Rückschnitt oder ein wirksames Pflanzenschutzmittel
Beim chronischen Auftreten von Esca empfiehlt das DLR den rigorosen Rückschnitt erkrankter Stöcke bis ins gesunde Holz. Die so kurierten Rebstöcke bauen dann neue, bodennahe Triebe auf. Die Triebfreudigkeit an der Stammbasis scheint einen positiven Einfluss auszuüben. Auch weil ein wirksames Einzel-Fungizid gegen Esca derzeit nicht zur Verfügung steht, läuft am DLR Rheinpfalz eine Versuchsreihe mit aus Rebenholz isolierten Trichoderma-Pilzen. Diese parasitieren andere Pilze oder bilden Substanzen, die Esca in Schach halten. So können die Schaderreger mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden.
Julius Kühn-Institut: Esca-Krankheit der Weinrebe
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