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Droht dem Meerrettichanbau Gefahr? Foto: istock
02.10.2014
Forschung & Technik

Den Ertragsrückgängen im bayerischen Meerrettichanbau auf der Spur

Forschungsprojekt soll herausfinden, ob Krankheiten die Ursache sind

Der Meerrettichanbau ist in Franken seit Jahrhunderten fest verwurzelt. Noch heute bauen über hundert Landwirte die wirtschaftlich wichtige Wurzel an. Seit 2007 ist der „Bayerische Meerrettich“ europaweit als regionale Spezialität mit geschützter geographischer Angabe (g.g.A.) eingetragen. Doch die Erträge gehen seit Jahren zurück. Natürlich schläft auch die Konkurrenz nicht. Andere Länder – wie Österreich, Ungarn und die USA – verbessern den Meerrettichanbau stetig. Damit die bayerischen Anbauer nicht den Anschluss verlieren und Franken auch zukünftig die Meerrettich-Hochburg bleibt, fördert das bayerische Staatsministerium seit 2009 ein umfangreiches Forschungsprojekt zur Verbesserung der heimischen Meerrettichproduktion.

Mit vereinten Kräften für den heimischen Meerrettich

Das Projekt soll vor allem zwei Fragen beantworten: Erklärt sich der schleichende Ertragsverlust durch die fortlaufende vegetative Vermehrung des Pflanzmaterials? Und: Sind höhere Erträge durch ertragreichere Sorten möglich?

Gesunde Mutterpflanzen dank Meristemkultur

Die Vermehrung von Meerrettichsorten ist normalerweise eine aufwändige und langwierige Angelegenheit. Im Labor lässt sich dieser Prozess durch Meristemkultur beschleunigen: Meerrettichpflanzen werden aus dem Bildungsgewebe, dem sogenannten Meristem, oder aus kleinsten Pflanzenteilen, zum Beispiel Blattstücken, vermehrt. Dieses Verfahren hilft beim Aufbau gesunder Mutterpflanzenbestände. An der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf laufen derzeit im Rahmen des Forschungsprojekts Versuche mit dem Ziel, virusfreies Meerrettichpflanzgut zu produzieren.

Im Visier: Krankheiten und Schädlinge im Meerrettichanbau

Insbesondere das Institut für Pflanzenschutz der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf untersucht seit 2011, welche Krankheiten und Schädlinge den Meerrettich befallen. Die Pflanzenschützer besuchen Betriebe um sich ein Bild zu machen, begutachten aber auch eingeschickte Proben befallener Meerrettichpflanzen. Ein Projektziel ist die Verbesserung der Bekämpfungsstrategien – auch für unterschiedliche Witterungsverläufe. Der Erzeugerverband informiert die Anbauer über den Fortgang des Projekts und stellt ihnen die Erkenntnisse der Forscher zu Biologie und Bekämpfung der einzelnen Erreger zur Verfügung.

Bei den tierischen Schädlingen richtet vor allem der Meerrettich-Erdfloh (Phyllotreta armoraciae) mit seinem Lochfraß an den Blättern größere Schäden an. Der schwarz gefärbte Käfer mit einem sehr breiten gelben Längsstreifen auf jeder Flügeldecke erreicht eine Größe von 2,5 bis 5 Millimetern. Durch regelmäßiges Hacken und Gießen kann man ihn vertreiben. In einigen Fällen kam es zu stärkerem Befall mit Blattläusen oder Meerrettich-Blattkäfern, denen die Anbauer mit zugelassenen Insektiziden zu Leibe rücken können.

Viruserkrankungen: Nur gesundes Pflanzenmaterial hilft

Auf fast allen untersuchten Flächen fanden die Forscher das Turnip Mosaic Virus. Typische Symptome: ringförmige Chlorosen, flächige Vergilbungen und diffuse gelbe Muster auf den Blättern. Virus-Überträger sind Vektoren wie Blattläuse, kontaminierte Werkzeuge oder der Durchwuchs der letzten Jahre, aber auch Unkraut am Feldrand. Neben strenger Hygiene verspricht vor allem gesundes Pflanzgut Erfolg. Da Meerrettich vegetativ, also über Wurzelstücke, sogenannte Fechser, vermehrt wird, vermuten die Forscher, dass in fast allen Betrieben krankes Pflanzgut verwendet wird. Für die Bekämpfung von Viren stehen keine Pflanzenschutzmittel zur Verfügung, deshalb ist gesundes Pflanzgut das A und O.

Pilzkrankheiten: Weißer Rost, Blattfleckenpilze und Co.

Ebenfalls beinahe flächendeckend tritt der Weiße Rost (Albugo candida) auf. Das ist die bedeutendste Pilzkrankheit bei Meerrettich. Anfangs bilden sich auf den Blattoberseiten gelbe Flecken, die sich mit der Zeit dunkelrot färben können. Später entwickeln sich auf den Blattunterseiten weiße Sporenlager. Auch auf den Blattstielen und den Stangen können Anschwellungen entstehen, die später aufreißen und faulen. Besonders bei kühler und feuchter Witterung breitet sich der Weiße Rost schnell aus. Ihn können die Anbauer gut mit Hilfe zugelassener Fungizide bekämpfen.

Anders bei Verticilium sp.: Eine Infektion mit diesem pilzlichen Erreger entdecken die Anbauer oft erst nach der Ernte: Stangen mit braunen bis schwarzen ringförmigen Verfärbungen nimmt die Verarbeitungsindustrie nicht ab. Eine direkte Bekämpfung des Pilzes ist nicht möglich. Eine weite Fruchtfolge und mindestens dreijährige Anbaupausen verringern die Infektionsgefahr.

Auf der Suche nach Meerrettichsorten mit höheren Erträgen und gesundem Pflanzgut

Praktische Versuche des Amtes für Ernährung Landwirtschaft und Forsten AELF in Fürth vergleichen die Ertragspotenziale von elf verschiedenen einheimischen und ausländischen Meerrettichsorten. Einige Sorten lassen ein höheres Ertragspotenzial erwarten. Die interessanten „nicht-bayerischen Herkünfte“ werden zuerst im Labor vermehrt und später in der Region ausgepflanzt. 2010 und 2011 konnten im Labor der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf 5 000 Pflanzen aus sechs verschiedenen Sorten angezogen werden. Neben dem Erntegewicht, ist auch der Schärfegrad ein wichtiges Kriterium für Qualität. Die inneren Qualitäten des fränkischen Meerrettichs erforscht die Universität in Erlangen.

Initiatoren und Partner

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürth leitet gemeinsam mit dem Gartenbauzentrum das Projekt. Beteiligt sind der Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie der Universität Erlangen-Nürnberg und das Institut für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Der Erzeugerverband Franken-Meerrettich informiert die rund 130 Anbauer über den Stand des Projekts. Auch die Verarbeiter – allen voran die Firma Schamel, die etwa 90 Prozent des Meerrettichs verarbeitet – unterstützen das Forschungsprojekt.

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