Source-Sink beim Zuckertransport
Die Runkelrübe hatte im 18. Jahrhundert noch weit weniger Zucker als heute. Die deutschen Pflanzenzüchter verdoppelten in dieser Zeit ihren Zuckergehalt. Heute stammt etwa ein Drittel des weltweit konsumierten Zuckers aus der Zuckerrübe. Rund 25 Milliarden Euro werden damit jährlich erwirtschaftet. Wie der Zuckertransport in der Rübe genau funktioniert, stand im Fokus eines deutschlandweiten Verbundprojekts unter der Leitung des Pflanzenbiochemikers Ulf-Ingo Flügge von der Universität zu Köln. An dem Projekt „Betamorphosis“ waren außerdem die Universitäten Erlangen, Kaiserslautern und Würzburg sowie von Industrieseite die Südzucker AG und die KWS Saat AG beteiligt. Das Verbundprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen von „PLANT 2030“ über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren mit insgesamt knapp 1,9 Millionen Euro gefördert. Das Ziel: den Ertrag und Zuckergehalt der Rübe erhöhen.
Die Beziehung zwischen Source und Sink
„Im Prinzip dreht sich alles um Source-Sink-Beziehungen“, bringt Flügge das Projekt auf den Punkt. In den Photosynthese-Organen der Pflanze, den Blättern, wird die Saccharose hergestellt. Die Pflanzenforscher sprechen daher von „Source“. Von den Blättern aus gelangt das Photosyntheseprodukt Zucker dann über die Leitgefäße in das Speichergewebe der Pflanze. Bei der Zuckerrübe handelt es sich hierbei um die Pfahlwurzel bzw. die Rübe, die auch als „Sink“-Gewebe bezeichnet wird. In ihren Bemühungen, den Zuckerertrag der Rüben durch herkömmliche Züchtung weiter zu steigern, gerieten die Züchter an ihre Grenzen: Kann in den Blättern nicht mehr produziert werden oder sind die Speicherkapazitäten in der Rübe ausgereizt?
Auf der Suche nach dem Saccharose-Transporter
Im Betamorphosis-Projekt sollte zunächst der für den Eintransport der Saccharose verantwortliche Transporter der Vakuolenmembran auf molekularer Ebene identifiziert werden. Anschließend sollte seine Aktivität erhöht werden, um so eine mögliche Ertragssteigerung für den Markt zu erzielen. Die Forscher kamen dem Saccharose-Transporter auf die Spur, indem sie die Protein-Zusammensetzung der Vakuole, dem zuckerspeichernden Membranbläschen, genau analysierten. Durch den Fund des Transporters könnten in Zukunft die Erträge aus Zuckerrüben und anderen zuckerspeichernden Pflanzen möglicherweise erhöht werden. Allerdings ist eine industrielle Anwendung in Deutschland und der EU momentan nicht möglich, da die Ertragssteigerung auf einem gentechnischen Ansatz basiert. Mit der neuen Genschere CRISPR-Cas und einem Genome-Editing-Ansatz wären eine zielgerichtete Modifikation des Saccharose-Transporters der Zuckerrübe und eine damit einhergehende Ertragssteigerung zwar auch ohne einen transgenen Ansatz möglich. Doch ist derzeit unklar, ob solche Pflanzen unter das europäische Gentechnikrecht fallen.
Quelle: pflanzenforschung.de