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Unsere heimischen Kulturpflanzen, hier Mais, können nur wenige Tage im Wasser überleben. Foto: Bayerischer Bauernverband
20.06.2013
Umwelt & Verbraucher

Pflanzen ersticken bei Überschwemmungen

Wassermassen und Verschmutzungen vernichten Ernten

Zu wenig Wasser kann für Pflanzen tödlich sein, zu viel aber auch. Das weiß jeder, der seine Zimmerpflanzen zu reichlich gießt. Im Großen trat dieser Effekt im Juni 2013 bei den Überschwemmungen an Elbe und Donau sowie deren Nebenflüssen auf. Riesige Flächen Grünland, Getreide, Mais oder Kartoffeln standen tagelang unter Wasser. Erst wenn sich die Fluten zurückgezogen haben, werden die Auswirkungen in ihrer ganzen Breite sichtbar. Die Ernteeinbußen und die Schäden an Haus und Hof bedrohen die Existenz zahlreicher Betriebe.

Pflanzen brauchen Sauerstoff

Wieso ersticken Pflanzen im Wasser? Als Sauerstoffproduzenten sind sie doch die grüne Lunge unseres Planeten. Pflanzen erzeugen jedoch nicht nur Sauerstoff, sondern benötigen ihn auch als Energiequelle für Stoffwechselvorgänge und Wachstum. Das lebenswichtige Gas gelangt über die Luft ins Pflanzengewebe. Wird die Pflanze von Wasser umgeben, funktioniert das nicht. Steht nur der unterirdische Teil der Pflanze im triefend nassen Boden, kann die Wurzel keinen Sauerstoff mehr aufnehmen. Die Pflanze stellt zunächst das Wachstum ein. Sterben nach mehreren Tagen die Wurzeln ab, ist es um die ganze Pflanze geschehen. Vollständig unter Wasser zu stehen, halten die Pflanzen nur wenige Tage aus. Mais, Rüben und Kartoffeln ersticken spätestens nach drei Tagen, Weizen ist je nach Sorte etwas ausdauernder. Zieht sich das Wasser zurück, können Fachleute am Vegetationskegel der Pflanzen erkennen, ob sie überlebt haben.  

Hohe Kosten

Das Hochwasser 2013 hat nach Schätzungen des Landwirtschaftsministeriums rund 335 000 Hektar überschwemmt. Das sind etwa zwei Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland. Für die betroffenen Landwirte bedeuten mehrtägige Überflutungen einen Totalausfall der Ernte. Investitionen von durchschnittlich 1 000 Euro pro Hektar für Feldbestellungsarbeiten, Düngung sowie Pflanzenschutzmaßnahmen sind verloren. Jetzt heißt es warten, bis das Wasser abgezogen ist und die Flächen wieder befahrbar sind. Aber statt zu ernten, bleibt dem Landwirt nichts anderes übrig, als die mit Schlamm bedeckten und abgestorbenen Reste der Kulturpflanzen in den Boden einzuarbeiten. Die Landwirte müssen abwägen, ob sie eine andere Kultur einsäen. Allerdings sind die Ertragsaussichten wenig verlockend.  

Hygienische Risiken

Heißt es unmittelbar vor der Ernte auch nur für einen Tag „Land unter“, sind die Kulturen nicht mehr zu retten. Boden und Pflanzen werden mit der Strömung weggerissen. Die Flächen sind tagelang nicht mit Erntemaschinen befahrbar, und die Qualität des Erntegutes leidet. Hinzu kommt ein hygienisches Problem: Die Wassermassen überspülen auch Kläranlagen, Tankstellen und Industrieanlagen. Die trübe Brühe verschmutzt Getreideähren, Salatköpfe oder Gräser und macht sie zu einem Hygiene-Risiko für Mensch und Tier. Das gilt auch für eingelagerte Getreide-, Heu- oder Silagevorräte. Experten entscheiden von Fall zu Fall, ob noch eine Nutzung beispielsweise zur Energiegewinnung in Biogasanlagen möglich ist. 

Anders ist es bei Kulturpflanzen, die erst mehrere Wochen später erntereif sind. Wird zum Beispiel Körnermais im Juni überflutet und überlebt das, dann bildet er im Juli seine Kolben und kann im Oktober nach Beseitigung des angeschwemmten Treibguts geerntet werden. Gute Erträge sind aber nicht zu erwarten, denn die Staunässe im Boden beeinträchtigt das Wachstum. Massiver Pilzbefall und Verunkrautung tun ein Übriges.  

Natur regeneriert sich

Die Folgen von Überflutungen sind also nicht nur für die Einwohner betroffener Städte und Dörfer gravierend, sondern besonders für Landwirte. Deren Äcker und Wiesen in den Flussauen dienen häufig als Überschwemmungsflächen. Sie werden gezielt geflutet, um Schäden für die übrige Bevölkerung zu begrenzen. Doch die Natur erholt sich und die nächste Ernte kommt bestimmt. Nach Untersuchungen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung erholten sich Flora und Fauna nach der Elbeflut 2002 erstaunlich schnell. Die Artenzahl erreichte innerhalb von zwei Jahren ihr ursprüngliches Niveau.  

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