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Die ersten Pflanzenproben sind im Labor des Pflanzenschutzdienstes eingetroffen. Dr. Monika Heupel untersucht die beimpften Petrischalen auf das typische Wachstum des Verticillium-Pilzes. Quelle: Dr. Monika Heupel, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
30.07.2009
Umwelt & Verbraucher

Neuer Schadpilz an Zuckerrüben liebt Wärme - die Verticillium-Welke

Interview mit Dr. Monika Heupel, Leiterin des Fachbereichs Diagnostik Pflanzenkrankheiten vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Wenn kräftige Rübenblätter plötzlich vergilben, nekrotische pergamentartige Blätter bekommen und sich junges Blattgrün an den Rändern schwarz verfärbt, ist die Rübenernte bedroht. Nach Untersuchungen des Pflanzenschutzdienstes ist im Rheinland eine neue pilzliche Krankheit bei Zuckerrüben aufgetreten: Die Verticillium-Welke. Dieser Schadpilz profitiert von hohen Temperaturen und ist praktisch nicht zu bekämpfen. Profil sprach mit Dr. Monika Heupel über die Krankheit, ihre Symptome und Möglichkeiten, sie in den Griff zu bekommen.

Der Pilz Verticillium dahliae, der die Verticillium-Welke auslöst, war bislang im deutschen Rübenanbau kein Problem. Woher kommt der Pilz?

Das wissen wir noch nicht. Es ist bekannt, dass sich dieser Pilz insbesondere bei warmer und feuchter Witterung gut entwickeln kann. Es ist ein bodenbürtiger Erreger, der an zahlreichen Wirtspflanzen auftritt. Nicht in allen Fällen lässt sich jedoch die Herkunft des Pilzes mit Wirtspflanzen in der Fruchtfolge erklären. Tatsache ist, dass Verticillium bislang im deutschen Rübenanbau praktisch keine Rolle spielte und wir die Frage woher der Pilz kommt, noch nicht befriedigend beantworten können. In den Niederlanden ist der Erreger im Zuckerrübenanbau dagegen schon seit etwa zehn Jahren bekannt und hat sich in dieser Zeit immer weiter ausgebreitet.

Welche Bedeutung hat der Schadpilz in den Niederlanden heute?

Heute sind bis zu zehn Prozent der Rübenanbauflächen in den Niederlanden betroffen, regional sind es sogar bis zu 60 Prozent. Bei einem Befall mit Verticillium sind bislang Verluste bis zu 20 Prozent der Ernte aufgetreten. Die Zuckerverluste betragen ein bis zwei Prozent. Das sind bereits nennenswerte Mengen.

Wieso kommt es zu diesen Verlusten?

Die Bildung der Assimilate, also von Zucker, findet ja in den Blättern statt. Wenn große Blätter schon im August absterben und kein gesundes Grün nachwächst, kann die Rübe auch nur deutlich weniger Zucker einlagern. Befällt der Verticillium-Pilz Rübenpflanzen, verwelken typischerweise zunächst die Interkostalfelder, das ist das Blattgewebe zwischen den Blattrippen. Oft ist nur eine Seite des Blattes betroffen. Im weiteren Krankheitsverlauf stirbt dann die befallene Blattfläche ab. In der Pfahlwurzelspitze sind Verfärbungen zu finden. Kranke Pflanzen können sich gegen weitere Schaderreger wie zum Beispiel die Fusariumpilze oder auch Rhizoctonia solani schlechter zur Wehr setzen, so dass die Rüben absterben.

Wie sind Sie der Verticillium-Welke auf die Spur gekommen?

Mit den bekannten Rübenkrankheiten konnten wir die auffälligen Symptome im letzten Jahr nicht erklären. Deshalb wurden die kranken Blätter auf alle möglichen Krankheitserreger, also Viren, Bakterien, Nematoden und Pilze untersucht. Viren und Bakterien konnten nicht gefunden werden. Die in den Proben befindlichen Rübenzysten-Nematoden waren nicht die Verursacher der Schäden. Bei der mykologischen Untersuchung stießen wir dann auf zwei Pilze: den Erreger der Verticillium-Welke Verticillium dahliae und Fusarium-Pilze meist Fusarium oxysporum.

Und warum ist Ihrer Meinung nach Verticillium der Übeltäter?

Wir haben in Bodenproben von den befallenen Rübenäckern massenhaft Verticillium-Sklerotien gefunden. Sklerotien sind die Dauerformen, mit denen dieser Pilz lange Zeiten ohne Wirt überstehen kann. Bereits ab fünf dieser Dauerformen pro Gramm Boden besteht ein hohes Krankheitsrisiko, vor allem bei günstigen Umweltbedingungen. Wir haben in einigen Bodenproben bis zu 112 Sklerotien pro Gramm gefunden! Das sind auch für uns unglaubliche Laborbefunde. Auch Fusarien sind bodenbürtige Krankheitserreger aber bei dieser hohen Belastung mit Verticillium lag der Schluss nahe, dass der Welkepilz die Hauptursache für das Krankheitsgeschehen ist. Inzwischen ist dies durch Pathogenitätsversuche bei den Kollegen des Institut of Sugar Beet Research (IRS) in den Niederlanden bestätigt.

Welche Maßnahmen sind jetzt geplant?

Alle Seiten arbeiten mit großem Einsatz: Zum einem muss die Problematik genau analysiert werden. Die Zahl der Bodenprobenuntersuchungen war bislang viel zu gering, um verallgemeinernde Aussagen zu erlauben. Wir brauchen weitere Pflanzenproben mit Verdacht auf Befall, um die die Bedeutung für die Rübenanbaugebiete abschätzen zu können. Auch sind noch viele Fragen nach den Ursachen offen. Im vergangenen Jahr waren circa 200-250 Hektar im Rheinland betroffen. Bei der Beprobung besteht vielfach noch Zurückhaltung und Unsicherheit. Erst wenn wir alles wissen, können wir dem Problem wirksam begegnen. Dieses Jahr steht bereits ein Sortenversuch auf einem Befallsstandort. Langfristig ist dem Pilz sicherlich nur durch resistente Sorten zu begegnen. Chemische Maßnahmen gegen den Bodenpilz sind derzeit nicht möglich. Fruchtfolgemaßnahmen setzen den wirtschaftlichen Möglichkeiten enge Grenzen.

Im vergangenen Jahr begann das Blattsterben Anfang August. Deshalb sind die Landwirte und Kollegen des Pflanzenschutzdienstes natürlich jetzt besonders wachsam auf den Rübenäckern. Tatsächlich sind am 22.07. die ersten Proben im Labor eingetroffen.

Für Fragen stehen die Mitarbeiter des Pflanzenschutzdienstes zur Verfügung:

Fachberatung

Dr. Christian Heinrichs

Tel.: 0228/7032147

E-Mail: Christian.Heinrichs@lwk.nrw.de

Labordiagnostik

Dr. Monika Heupel

Tel.: 0228/7032160

E-Mail: Monika.Heupel@lwk.nrw.de

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