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Fremdbefruchtende Pflanzen sind auf Insekten angewiesen. Quelle: Matthias Wiedenau
22.05.2007
Umwelt & Verbraucher

Je fleißiger die Bienen desto größer die Äpfel

Gern gesehen in Landwirtschaft und Obstbau sind Honigbienen als Bestäuber. Warum aber schwanken ihre Populationen von Jahr zu Jahr?

20 bis 25 Grad Celsius und Sonnenschein: Nicht nur uns Menschen gefällt so ein Wetter hervorragend. Auch Bienen sind unter diesen Bedingungen am leistungsfähigsten. Nahezu pausenlos starten sie dann zu ihren Flügen. Ihre Reviere können etwa 30 Quadratkilometer groß sein. Sie sammeln Pollen und Nektar, um sich und ihr Volk zu ernähren. Dabei bestäuben sie unter anderem Apfelbäume und Raps und sorgen für deutliche Ertragssteigerungen.

„Eine gute Bienenbestäubung im Raps bringt bis zu 60 Prozent Mehrertrag“, schätzt Imker Frank Schmutzler. Der 44-jährige Diplom-Biologe aus Düren ist mit seinen rund 90 Völkern daher ein gern gesehener Gast bei Landwirten der Voreifel. Raps ist ebenso wie Sonnenblume und Erbse ein Fremdbefruchter, der auf Blütenbesucher wie Bienen, Hummeln, Schwebfliegen oder Käfer angewiesen ist. Auch im Obstbau sind Bienen äußerst nützlich, sie bestäuben nach Angaben des Deutschen Imkerbunds alleine ungefähr dreiviertel der Blüten. „Je öfter eine Apfelblüte durch Bienen bestäubt wird, desto mehr Kerne bilden sich und desto größer werden die Früchte“, so Schmutzlers Erfahrungen. Auch anderes Kernobst, Schattenmorellen oder Erdbeeren profitieren davon. Gäbe es bei Erdbeeren im Anbau unter Folie keine Fremdbestäubung durch Bienen, entstünden nur verwachsene Früchte, die nicht vermarktet werden könnten.

Im Vergleich zu diesen positiven Wirkungen auf Landwirtschaft und Obstbau macht der Erlös des Honigs laut Schmutzler nur einen Bruchteil aus. Dabei stecken in einem Kilogramm Honig rund 120 000 Flugkilometer und viele Millionen Blütenbesuche. In Deutschland produzieren die rund 850 000 Völker circa 20 000 bis 25 000 Tonnen Honig im Jahr. Viel zu wenig, denn der Bedarf ist etwa fünfmal so hoch.

Die Honigernten schwanken von Jahr zu Jahr beträchtlich. Das liegt zum einen an den Witterungsbedingungen. Sind Frühjahr und Sommer kalt und nass und die Blütenphasen daher kurz, schränkt das die Arbeit der fleißigen Insekten ein. Eine unbekannte Größe ist jedes Jahr die Zahl der Völker, die den Winter schadlos überstehen. Ein kurzer Winter wie 2006/2007 bekommt den Bienen bestens. In einem langen Zeitraum ohne Flugwetter verschlechtern sich die hygienischen Bedingungen im Bienenstock. Das kann sich auf die Gesundheit der Bienenvölker nachteilig auswirken. Imker Frank Schmutzler hat dieses Jahr Verluste von etwa zehn Prozent registriert, ein normaler Wert im langjährigen Schnitt. Dr. Peter Rosenkranz von der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim hat bundesweit etwa acht bis zwölf Prozent im Durchschnitt ermittelt. Diese Zahlen werden jährlich im Rahmen eines repräsentativen Bienenmonitorings erfasst.

Diese breit angelegte Untersuchung, die im Herbst 2004 angelaufen ist, hat zum Ziel, die Ursachen für die Populationsschwankungen genauer zu erforschen. Dazu werden Völkerzahlen und –stärken erfasst sowie Bienen und Honig untersucht. Auslöser für diese gemeinsame Aktion von Bieneninstituten, Imkern, Verbänden und Industrie war das Rätselraten über die einschneidenden Völkerverluste im Winter 2002/2003, die im Schnitt bei 30 bis 35 Prozent und in Einzelfällen bei 80 Prozent lagen. „Hohe Verluste gehen primär häufig auf das Konto der Varroa-Milbe, die an den Bienen parasitiert“, so Rosenkranz. Doch bei ähnlich starken Befällen mit Varroa schwankten die Verluste zum Teil beträchtlich. „Daher sind wir uns sicher, dass mehrere Faktoren zusammenwirken.“ Die Witterung könne hier ebenso eine Rolle spielen wie der nicht sachgemäße Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Hausgärten und auf Äckern sowie andere Sekundärinfektionen, wie beispielsweise mit Nosema-Einzellern, die den Darm der Bienen befallen. Hier bestünde weiterer Forschungsbedarf, vor allem zu den Wechselwirkungen zwischen den Faktoren.

Allgemein attestieren sowohl Schmutzler als auch Rosenkranz Obstbauern und Landwirten einen rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Umgang mit Imkern. Schließlich seien sie aufeinander angewiesen, da sie voneinander profitierten. Die Bienenschutz-Verordnung verpflichtet die Landwirte zu einem rücksichtvollen Umgang mit ihren geflügelten Helfern. Im Umkreis von 60 Metern um einen Bienenstock dürfen sie bienengefährliche Präparate nur mit Genehmigung des Imkers ausbringen. An Blühpflanzen dürfen diese Mittel tagsüber, wenn die Bienen unterwegs sind, überhaupt nicht eingesetzt werden. Für Pflanzenschutzmittel, die nicht als bienengefährlich eingestuft sind, ist das Verhalten gegenüber Bienen nicht gesetzlich geregelt. Der rücksichtsvolle Landwirt beginnt trotzdem erst dann mit der Behandlung, wenn die Bienen sich zur Nacht in ihre Behausungen zurückgezogen haben. Der Forscher Rosenkranz hat noch einige weitere Punkte auf seiner Bienenschutz-Wunschliste. Eine vielfältige Kulturlandschaft mit verschiedenen Ackerfrüchten, Feldrainen, Brachflächen und mit Blütenpflanzen eingesäte Stilllegungsflächen findet er ideal. Auch sollten die Kommunen zeitversetzt Gräben und Straßenränder mähen, damit die Bienen jederzeit blühende Pflanzen als Futter vorfinden.