windwurfflaeche-nach-kyrill.jpg
Windwurffläche nach Kyrill. Quelle: A. Roefs / Landesbetrieb Wald und Holz NRW
05.02.2008
Umwelt & Verbraucher

Der Wald kennt keine Winterpause

Noch immer sind die Folgen des Sturms Kyrill nicht überwunden; im Winter steht die Arbeit in den Wäldern nicht still

Im Januar 2007 wütete der Sturm Kyrill in Deutschland; Er entwurzelte und knickte Bäume, beschädigte den neuen Berliner Hauptbahnhof und richtete vor allem im Sauer- und im Siegerland große Schäden an. Die befürchtete Borkenkäferinvasion blieb im Sommer aus. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt. Ein milder Winter und reichlich Brutholz schaffen ideale Bedingungen für die Vermehrung der Käfer. Die Aufräumarbeiten sind deshalb auch im Winter noch in vollem Gange. Profil Online befragte Andreas Roefs vom Landesbetrieb Wald und Holz in Nordrhein-Westfalen zur Situation im nordrheinwestfälischen Wald.

Glücklicherweise hat der Borkenkäfer letztes Jahr nicht zugeschlagen. Ist die Gefahr gebannt?
Die Angst bleibt. Vor allem, weil wir wieder einmal keinen richtigen kalten Winter hatten. Ein paar Tage mit Frost reichen nicht aus, um die überwinternden Käfer und Larven unter der Rinde oder im Boden abzutöten. Wenn es warm wird, werden wir sehen, wie groß der Ansturm der Käfer auf die Bäume sein wird.

Was wird jetzt gegen die Käfergefahr unternommen?

Wir sind immer noch mit dem Rücken beschäftigt, der Abfuhr von Lagerholz aus den Wäldern. Im Winter ist dafür ohnehin der beste Zeitpunkt, insbesondere wenn der Boden gefroren und deswegen fest ist. Dann ist es möglich, ihn ohne Schäden mit den schweren Maschinen zu befahren. Die Kronen und Äste werden vor Ort gehäckselt. Die Holzhäcksel sind mittlerweile ein beliebter Brennstoff oder sie verbleiben als organischer Dünger auf dem Waldboden.

Für den Abtransport der Stämme müssen riesige Transporter den Wald befahren. Das Rücken ist auch deswegen eine typische Winterarbeit, weil es die Flächen für neue Pflanzungen frei macht. Damit beginnen die Förster im Frühjahr.

So viel Lagerholz, wie sich z. Z. im Wald befindet, gibt es ja normalerweise nicht. Wie kann man es vor dem Befall mit Pilzen und Insekten schützen?

Als erste Hilfemaßnahmen gegen Schädlinge werden Stämme maschinell oder manuell entrindet. Diese Variante stößt bei den angefallenen Holzmengen allerdings auf Grenzen. Nasskonservierung durch Berieselung, Wasserlagerung oder Einpacken der Holzpolter mit Folie sind alternative Verfahren. Sie sind aber meist sehr aufwändig und kostenintensiv. Mit der Rinde beseitigt man die Brutstätten der rindenbrütenden Borkenkäfer. Hohe Temperaturen (wie sie unter der Folie entstehen) oder Nässe erschweren den Schadinsekten und Fäulnispilzen die Besiedlung des Holzes. Die lieben zwar Feuchtigkeit, aber eben keine Nässe.

Welche Insekten richten an dem Lagerholz die größten Schäden an?

Am meisten fürchten die Waldbesitzer rinden- und holzbrütende Borkenkäfer und Bockkäferarten, weil sie ihre Gänge in das Holz fressen. Die Bohrlöcher machen das Holz für eine höherwertige Nutzung, wie zum Beispiel für die Herstellung von Furnieren und Möbeln, unbrauchbar. Auch die Verwendung als Bauholz kann leiden, weil Bohrlöcher die Statik beeinträchtigen (wie etwa der Holzwurm im Dachstuhl). Zum Schutz werden teilweise die Polter komplett mit Plastikfolie eingepackt. Die Folie ist schwarz, damit sich das Holz in der Sonne aufheizt. Das hält kein Käfer aus.

Wie werden denn gesunde Bäume vor Schädlingsbefall oder Krankheiten geschützt?

Waldgesundheit beginnt schon bei der standortgerechten Baumartenwahl, der Erhaltung der Artenvielfalt, der naturnahen Struktur und der Pflege der Waldbestände. Erste Pflegeeingriffe sind z. B. die Läuterung. Dabei handelt es sich um das Ausdünnen von jungen Baumpflanzungen (im Alter von etwa 20 bis 25 Jahren), auch eine typische Winterarbeit. Beim Läutern wählt der Förster Bäume nach Vitalitäts- und Qualitätskriterien aus. Das wichtigste Kriterium ist die Vitalität: Bäume mit schlecht ausgebildeter Krone, Krankheitssymptomen (Nadel- oder Blattverlusten) oder Verletzungen (Rinden- oder Wurzelschäden) sind für biotische und abiotische Schäden besonders anfällig. Sie werden gefällt, um den gesunden Bäumen Platz zu machen. Sind alle Bäume gleich vital, entscheiden andere Kriterien wie Mischungsanteil, Qualität und Standraum über die Auswahl.

Beim Einschlag von reifem Holz (Endnutzung bei der Fichte im Alter von etwa 90 bis 120 Jahren) wird zuerst nach der Gesundheit und erst dann nach Qualität und Marktanforderungen entschieden. Laubbäume wie Buche und Eiche werden übrigens nur in der vegetationsfreien Zeit, also hauptsächlich im Winter, geschlagen. Mittlerweile besinnt man sich aber auch bei anderen Holzarten auf die Vorzüge von Winterholz: Es trocknet schneller auf natürliche Weise ab. Im Hochsauerlandkreis wird Qualitätsholz als Markenartikel sehr erfolgreich vermarktet.

Was kommt nach Kyrill, wird es dann in den Wintermonaten ruhiger?

Uns geht die Arbeit nicht aus. Wenn neben Holzernte, Rücken und Läuterung noch Zeit bleibt, kümmern wir uns im Winter zum Beispiel darum, Kulturflächen für die Pflanzung vorzubereiten und Wertästung an stehenden Bäumen durchzuführen. Es gibt auch immer wichtige, begleitende Revierarbeiten, wie Wegebau, das Aufstellen von Bänken und Einrichtungen, Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten. Unser Wald ist ja ein beliebtes Ausflugsziel und Erholungsgebiet.