containerriese_44022217_l_fotolia.jpg
Schadinsekten werden durch Containerfrachtschiffe eingeführt. Foto: fotolia
07.01.2014
Umwelt & Verbraucher

Blinde Passagiere: Insekten unterwegs in riesigen Containerschiffen

Vorratsschutz in der Transportschifffahrt

Solange Güter über Seewege befördert werden, finden sich auf den Schiffen auch Insekten. Die blinden Passagiere können die Fracht schädigen und nach der Ankunft im Hafen in neue Lebensräume einwandern. „Die Industrialisierung des Seegütertransports hat die Insektenfaunen in den weltweit gehandelten Gütern stark verändert“, berichtet Prof. Dr. Joachim Schliesske vom Institut für Angewandte Botanik in Hamburg.

Insektenforschung im Hamburger Hafen

„In den Siebzigerjahren schlug ein Stückgutfrachter pro Hafenanlauf in fünf Tagen 5 000 Tonnen um. Heute schlägt ein Containerriese in nur 36 Stunden 5 400 Container mit einem Gesamtgewicht von über 50 000 Tonnen um. Die Umschlagsraten für Seegüter sind also sehr stark gestiegen, die Reise- und Hafenliegezeiten der Schiffe haben sich immens verkürzt, und die Lagersysteme umfassend verändert“, fasst Schliesske die Entwicklungen zusammen. In der Abteilung „Amtliche Pflanzenbeschau – Verderbs- und Transportschäden“ beschäftigt er sich unter anderem mit der Biologie und den Entwicklungsbedingungen von Schadinsekten in Import- und Vorratsgütern bei Seetransporten. „In den Neunzigerjahren wurden im Hamburger Hafen über zehn Jahre hinweg insgesamt 3 300 Proben von 170 pflanzlichen Erzeugnissen untersucht. Dabei konnten 85 Käferarten gefunden werden, von denen 35 Arten für den Vorratsschutz wichtig sind“, so Schliesske. „Lag der Fokus der Kontrollen früher auf den vorratsschädlichen Arten, so finden sich heute vermehrt von der Ware unabhängige Insektenarten, für die spezielle Kontrollsysteme entwickelt werden mussten.“

Schiff ahoi: Schutz der Schiffsfracht durch Begasung

Wenn die Ladung an Bord mit Schädlingen befallen ist, kann es sein, dass ganze Container zurückgeschickt und kurzfristig Ersatzgüter beschafft werden müssen – ein Verlustgeschäft. Um das zu vermeiden, dürfen speziell zugelassene Firmen Schiffsbegasungen in deutschen Häfen durchführen. Die Schädlingsbekämpfer begasen die Waren im Transportbehälter des Schiffes mit Phosphorwasserstoff, der die Insekten sowie ihre Larven und Eier abtötet. Die Fachleute bringen das Gas über einen Schlauch in die verschlossenen Container ein, die Lüftungsschlitze sind währenddessen mit Klebeband verschlossen. Nach der Einwirkzeit wird der Container belüftet. Um sicherzustellen, dass keine Restgase im Containerraum verbleiben, wird abschließend eine Gasmessung vorgenommen. Erst danach darf der Container weiter transportiert werden.

Kleine Geschichte der Seefahrtsschädlinge

Den „Curculio“, den Kornkäfer erwähnte der Römer Plautus bereits um 200 vor Christus. In den damals langsam segelnden Schiffen konnte sich der weit verbreitete Vorratsschädling in den Getreideladungen bestens vermehren. Hohe Verluste waren die Folge. Schliesske berichtet von einer Sendung von 145 Tonnen Mais, die 1868 von Nordamerika nach England verschifft worden sei. Bei der Ankunft sei die Ware so stark „verkäfert“ gewesen, dass nach dem Durchsieben 1,75 Tonnen Käfer zurückblieben. Jemand muss sie damals gezählt haben: Die Literatur berichtet von 4 056 729 600 Exemplaren.

Weitere Beiträge: