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Seit 20 Jahren erfolgreich – PAMIRA feiert im Jahr 2016 Jubiläum. Bild: RIGK GmbH
29.09.2016
Umwelt & Verbraucher

20 Jahre PAMIRA

Freiwilliges Rücknahmesystem für Pflanzenschutzmittel-Verpackungen ist heute fest in der Landwirtschaft etabliert

Stellen Sie sich einmal 200 000 000 leere Pflanzenschutzmittel-Kanister vor! Aneinander gereiht würden sie 38 000 Kilometer weit reichen und rund 40 000 Tonnen wiegen. Diese Menge ist seit 1996 in Deutschland durch das von Industrie und Agrarhandel auf freiwilliger Basis entwickelte und betriebene PAMIRA-System gesammelt und sicher und umweltgerecht entsorgt worden. PAMIRA ist ein hervorragendes Beispiel, wie eine Kooperation zum Nutzen der Umwelt funktionieren kann.

„Wohin mit den leeren Pflanzenschutzmittel-Verpackungen? Diese Frage hat bis vor 20 Jahren nicht nur die Anwender von Pflanzenschutzmitteln, sondern auch die Hersteller bewegt“, sagt Dr. Volker Kaus vom Industrieverband Agrar e. V. (IVA) rückblickend. Der Jurist, der im IVA unter anderem für die Rücknahmesysteme der Pflanzenschutz-Industrie zuständig ist, erläutert die Situation: „Grundsätzlich bestand damals die Möglichkeit, leeres Verpackungsmaterial über die kommunalen Sammelstellen oder den Gelben Sack zu entsorgen. Diese Lösungen waren aber mit Blick auf verantwortliches Handeln für Industrie und Agrarhandel nicht ideal und ihre Akzeptanz nicht zufriedenstellend.“ Die im IVA organisierten Herstellerfirmen suchten daher nach einem Weg, wie möglichst viele Pflanzenschutzmittel-Verpackungen gesammelt, sicher und umweltgerecht entsorgt und auch recycelt werden können.

Ein Plan wird Wirklichkeit

Der Weg wurde gefunden: Die Landwirte geben einmal im Jahr an einem festgelegten Sammeltermin (variiert je nach Anfallmenge von einem bis vier Tage) kostenlos ihre Kanister an einer Sammelstelle ab. Ein Kontrolleur prüft bei der Annahme, ob die Behälter restlos geleert, gespült, trocken und mit dem PAMIRA-Lizenzzeichen gekennzeichnet sind. Deckel müssen getrennt abgegeben werden. Das sind die Bedingungen. Kanister, die nicht gespült sind oder Reste enthalten, werden nicht angenommen. Die zurückgenommenen Verpackungen werden in Sammelcontainern sicher in ein Recyclingunternehmen transportiert, dort zu Ballen gepresst oder geschreddert und anschließend stofflich oder energetisch verwertet.

„Ab 1992 fanden erste Pilotaktionen statt“, so Markus Dambeck, Geschäftsführer der RIGK GmbH in Wiesbaden, dem Systembetreiber von PAMIRA. Die große Resonanz auf die ersten Aktionen und die positiven Erfahrungen führten dazu, dass die Hersteller gemeinsam mit dem Agrarhandel 1996 die erste bundesweit flächendeckende Sammlung für Pflanzenschutzmittel-Verpackungen durchführten. PAMIRA war geboren – die PAckMIttel-Rücknahme Agrar.

Schon das erste Jahr der freiwilligen Aktion war überaus erfolgreich: „Über 30 Prozent leerer Pflanzenschutz-Verpackungen wurden gesammelt, insgesamt 920 Tonnen“, sagt Dambeck. Damals ging der überwiegende Teil des zurückgenommenen Verpackungsmaterials als Energieträger in Zementwerke.

Auf den Anfangserfolgen ruhte man sich nicht aus. Stattdessen arbeiteten die Beteiligten stetig an Verbesserungen und bauten das Sammelstellennetz kontinuierlich aus. Mittlerweile nehmen über 80 Hersteller und Abfüller von Pflanzenschutzmitteln und Flüssigdünger an dem Rücknahmesystem teil. 2015 wurde eine Rücknahmemenge von 2900 Tonnen erreicht – das zweitbeste Sammelergebnis in der Geschichte von PAMIRA nach über 3000 Tonnen im Vorjahr.

88 Prozent davon wurden stofflich zu Kabelschutzrohren recycelt. Die Rücklaufquote steigerte sich auf 70 Prozent; die gesetzliche Mindestquote von 60 Prozent wurde damit deutlich übertroffen. Ein hoher Wert für ein freiwilliges Bringsystem, das ohne Pfand arbeitet. Wie war das möglich?

Erfolge motivieren

„Vor allem durch das Zusammenwirken aller Beteiligten sowie die regelmäßige, intensive Öffentlichkeitarbeit konnten die Zahlen kontinuierlich gesteigert werden“, weiß Dambeck. Mit Anzeigen und Plakaten, Info-Flyern und Presseartikeln in der Fachpresse sowie Vorträgen bei Veranstaltungen erzeugten die Initiatoren ein Bewusstsein für eine umweltgerechte Entsorgung ihrer Kanister und machten PAMIRA in der Landwirtschaft bekannt. Das zeigt Wirkung. Dr. Achim Siepen, Landwirt aus Nörvenich bei Köln, sagt: „Ich finde die Initiative sehr gut, denn sie bringt viele Vorteile mit sich. Vor allem weiß ich, dass die leeren Verpackungen von Spezialisten sicher entsorgt werden. Als Landwirt zeige ich mit der Nutzung des PAMIRA-Systems, dass ich nicht nur verantwortungsvoll mit Pflanzenschutzmitteln umgehe, sondern mich ebenso gewissenhaft und bewusst um die umweltgerechte Entsorgung der leeren Verpackungen kümmere.“

Das über die Jahre stetig dichter gewordene Sammelstellennetz ist unter anderem ein Grund für die positiven Rücklaufquoten. 2016 wurden bundesweit 348 Sammelstellen eingerichtet. Die Landwirte haben zumutbare Anfahrtswege bis zur nächsten PAMIRA-Sammelstelle. Weitere Motivation für die Nutzung von PAMIRA durch die Landwirte ist, dass die Beteiligung an dem System eine Voraussetzung für erfolgreiche Zertifizierungen landwirtschaftlicher Betriebe ist.

Eine Bestätigung für das erfolgreiche Kooperationsprojekt kommt von wissenschaftlicher Seite. Das Fraunhofer-Institut verlieh PAMIRA erstmalig 2012 ein Klimaschutz-Zertifikat. Darin werden die erreichten CO2-Einsparungen durch die nachhaltige und umweltgerechte Nutzung der gesammelten Wertstoffe ausgewiesen. Über die Jahre summiert sind es bereits 18 800 Tonnen. „Lob hören wir auch vom Bundesumweltministerium, vom Bundeslandwirtschaftsministerium sowie Bundes- und Landesbehörden, die das freiwillige Engagement der Branche würdigen“, sagt Dr. Kaus.

Eine Idee zieht Kreise

PAMIRA ist Teil der weltweiten Responsible Care-Initiative der chemischen Industrie. Der europäische Dachverband der Pflanzenschutzmittel-Hersteller ECPA will bis 2020 ähnlich funktionierende Rücknahmesysteme in anderen europäischen Ländern etablieren. In Frankreich, Belgien, Luxemburg, Polen, Ungarn, Portugal, Kroatien, Rumänien, Slowenien und Spanien gibt es bereits flächendeckende Sammlungen. In Bulgarien, Zypern, Griechenland, Litauen, Russland, Serbien und der Slowakei laufen Pilotprojekte.

Selbst nach 20 Jahren PAMIRA ist die Idee noch nicht ausgereizt. Dambeck peilt eine noch höhere Rücklaufquote an: „Das können wir erreichen, wenn die Sammeltermine und -Orte optimal an die Situationen in der jeweiligen Region angepasst sind. Falls es sinnvoll ist, bieten wir auch punktuell mehrmals im Jahr Termine an.“ Damit bleibt das System seiner Linie treu. Statt starrer Vorgaben sind flexible und optimierte Lösungen gefragt, die auf die Bedürfnisse der Beteiligten angepasst sind.

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