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Alle Jahre wieder: Der Herbst legt den Bäumen ein buntes Kleid um. Foto: iStock
01.11.2012
Schule & Wissen

Wer malt im Herbst die Blätter bunt?

Was altert schöner als das Laub der Bäume? Farbpigmente in den grünen Pflanzenteilen entfesseln den herbstlichen Farbenrausch

Jedes Jahr können wir im Herbst diesen Vorgang beobachten: Die Blätter der Laubbäume verlieren ihre grüne Farbe, färben sich bunt und fallen schließlich zur Erde. Die sommergrünen Pflanzen altern im Herbst, nur dass sich der Vorgang - anders als beim Menschen - bereits im folgenden Frühjahr ins Gegenteil kehrt. Der komplizierte Prozess wird von Enzymen gesteuert.

Die Laubfärbung ist das äußere Zeichen für die Blattalterung. Hierbei handelt es sich nicht um ein "Verrotten" der Blätter, sondern um einen komplizierten Prozess, der durch besondere Enzyme in der Pflanze gesteuert wird. Den Vorgang des Alterns bezeichnen Biologen auch als Seneszenz. Er wird in der Regel dadurch ausgelöst, dass die Tageslänge im Herbst abnimmt, ebenso wie Dauer und Intensität der Sonneneinstrahlung. Hinzu kommen sinkende Temperaturen. 

Grün geht und leuchtende Farben kommen



Zuerst wird Chlorophyll abgebaut. Das ist der Pflanzenfarbstoff, der für das Grün der Blätter verantwortlich ist. Mithilfe des Chlorophylls sind grüne Pflanzen in der Lage, aus den in der Natur vorhandenen anorganischen Verbindungen alle Nährstoffe aufzubauen, die sie für ihre Entwicklung brauchen. Das Sonnenlicht steuert die nötige Energie bei. Der ganze Vorgang heißt Photosynthese. Bei diesem Prozess wird Kohlendioxid (CO2) aus der Luft aufgenommen und mit Wassermolekülen zu Kohlenhydraten umgewandelt. Dabei wird Sauerstoff (O2) freigesetzt. Die Pflanzen bilden Stärke, Eiweiße und Fette aus Nährstoffen, die sie über die Wurzeln aufnehmen, wie zum Beispiel Stickstoff und Phosphor, aber auch Schwefel aus der Luft.



Mit dem Schwinden des Chlorophylls und damit der grünen Blattfarbe setzt die typische Herbstfärbung mit ihren leuchtend gelben und roten Farben ein. Farbpigmente rufen sie hervor, die stets im Blatt enthalten sind, aber während des Sommers durch das Chlorophyll überlagert waren. Für die gelben und roten Farben sind die Karotine und ihre Abkömmlinge, die Xanthophylle, verantwortlich. 

Wenn die Blätter fallen, geht auch der Herbst zu Ende

Parallel zur Verfärbung verläuft der Prozess der Blattablösung. Zunächst stirbt das Blatt ab. Ein Windhauch genügt, und es fällt zu Boden. Ein äußerer Verschluss am Zweig verhindert, dass Krankheitserreger wie Pilze und Viren oder tierische Schädlinge in das Innere der Pflanze eindringen. Während unter mitteleuropäischen Bedingungen Laubbäume jedes Jahr im Herbst ihr Laub abwerfen, sind die "Blätter" der Nadelbäume - mit Ausnahme der Lärche - ausdauernder. Die Lebensdauer der Nadeln von Fichten beträgt etwa sieben Jahre, von Kiefern etwa fünf und von Tannen etwa acht bis neun Jahre. Es fallen immer die ältesten Nadeln in der Reihenfolge ihrer natürlichen Alterung ab. Ähnlich wie bei den Blättern funktioniert die Ablösung von Früchten und nicht mehr funktionsfähigen Organen, wie zum Beispiel nicht befruchteter Blüten. Eine Besonderheit bilden dabei viele Orchideenarten: Werden ihre Blüten nicht bestäubt, verzögert sich die Seneszenz der Blütenblätter extrem, sodass die Blüten ungewöhnlich lange, mitunter mehrere Wochen, erhalten bleiben. 

Züchtung nutzt natürliche Vorgänge der Natur

Warum aber wirft die Pflanze ihre Blätter ab? Der herbstliche Blattfall ist für das Überleben der ausdauernden Pflanzen unerlässlich. Der Blattfall erlaubt den Pflanzen, sich an den Wassermangel während der Frostperiode anzupassen. Weniger bekannt ist, dass die Seneszenz wichtig für die Nahrungsqualität ist. Wenn der Chlorophyll-Abbau einsetzt, werden keine organischen Stoffe mehr produziert. Die Pflanze beginnt, die in den Blättern enthaltenen Proteine, Kohlenhydrate und Fette abzubauen und zusammen mit den Mineralien abzutransportieren, um sie zum Beispiel in der Wurzel, in Teilen des Stamms und in den Knospen anzureichern. Je mehr Stoffe aus den Blättern abtransportiert werden können, umso weniger Nährstoffe gehen den Pflanzen verloren. Deshalb ist ein Ziel der Pflanzenzüchtung, die Seneszenz der Blätter möglichst lange hinauszuzögern. Damit wächst die Ausbeute an wichtigen Nährstoffen, zum Beispiel der Stärkegehalt in den Kartoffelknollen oder der Zuckergehalt in den Zuckerrüben. Das kommt der Qualität der Nahrungsmittel zugute.