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Topinambur fällt durch seine leuchtend gelben Blüten auf. Foto: H.D. Volz / Pixelio
12.12.2013
Schule & Wissen

Topinambur: gesund, schön und vielseitig

Die knollenbildende Verwandte der Sonnenblume ist ein Multitalent

Der bis zu fünf Meter hohe Spross mit seinen leuchtend gelben Blüten erinnert an Sonnenblumen, die Knollen eher an Kartoffeln. Topinambur zählt zu den exotischen Kulturen in deutschen Gärten. Hat die Pflanze einmal Fuß gefasst, wuchert sie wie Unkraut. Der hohe Inulingehalt macht die Knollen für Diabetiker und Abnehmwillige interessant. Doch die Pflanze ist nicht nur ein Thema für die Apotheken-Umschau.

Wissenswert

Die Topinamburknollen (Helianthus tuberosus) enthalten sieben bis 15 Prozent Inulin. Dieser lösliche Ballaststoff besteht überwiegend aus Fruktosemolekülen und ist auch in Zichorien, Artischocken oder Schwarzwurzeln enthalten. Er bindet im Magen und Dünndarm sehr viel Wasser, quillt auf und vermittelt dadurch ein Sättigungsgefühl. Erst im Dickdarm wird ein Teil des Zuckers abgebaut. Dadurch ist die leicht nussig schmeckende Knolle für Abnehmdiäten und Diabetiker gleichermaßen geeignet. Roh passt Topinambur gut in einen Salat. Lecker ist er auch gekocht in Suppen oder gebacken als Gratin. Dann ähnelt der Geschmack dem von Schwarzwurzeln und Artischocken. Nur in Maßen gesund ist hingegen der „Erdäpfler“ oder der „Rossler“. Diese traditionellen regionalen Schnäpse werden aus den Knollen gebrannt. In Frankreich dient die Kultur vor allem als Rohstoff für die industrielle Alkoholproduktion. Inulinreiche Sorten bringen es nach Angaben der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) auf 4 600 bis 5 000 Liter Bioethanol pro Hektar. Außerdem eignet sich Topinambur für den Einsatz in Biogasanlagen. Allerdings sind andere Energiepflanzen wie Mais oder Zuckerrüben wirtschaftlicher.    

Herkunft und Ansprüche

Topinambur ist ein enger Verwandter der Sonnenblume. Er stammt ursprünglich aus Mittel- und Nordamerika, hat seinen Namen aber von einem brasilianischen Indianerstamm. Um 1610 brachten Seefahrer die Knollen nach Europa. Die Kultur war zunächst weit verbreitet, wurde aber später durch die Kartoffel verdrängt. Auch wenn sie als anspruchslos gilt, gedeiht die Kultur am besten in milden Klimaten mit schnell erwärmbaren Böden und gesicherter Wasserversorgung.

Anbau

Ähnlich wie Kartoffeln werden die Knollen im März oder April gepflanzt. Pro Quadratmeter reichen vier bis fünf Knollen. Erfahrene Anbauer häufeln sie an, damit sie besser wachsen. Aus den Knollen sprießen zwei bis fünf Meter hohe Pflanzen. Typisch sind die wunderschönen gelben Blüten. Sinkt die Temperatur auf unter minus drei bis minus fünf Grad, sterben die oberirdischen Pflanzenteile ab. Nicht so die Knollen, die im Boden bis zu minus 30 Grad überstehen und im Folgejahr wieder austreiben. Hat die Pflanze im Garten einmal Fuß gefasst, wuchert sie wie Unkraut. Eine Wurzelsperre am Rand des Beetes verhindert eine unerwünschte Ausbreitung. In Folgekulturen stören die immer wieder keimenden Knollen. Deswegen sollten möglichst alle Knollen, auch die kleinen, geerntet werden.

Pflanzenschutz und Düngung

In Fachkreisen wird Topinambur als „Low input Kultur“ bezeichnet. Weil die Kultur nach dem Reihenschluss Ende Juni alle anderen Pflanzen überwächst, reicht zuvor im Normalfall Häufeln, Hacken oder Striegeln aus, um das Unkraut im Griff zu behalten. Dennoch sollten Anbauer ab und zu die Pflanzen genauer in Augenschein nehmen. Pilzkrankheiten wie Mehltau und Weißstängeligkeit setzen der Pflanze ebenso zu wie Mäuse, für die die Knollen die reinsten Leckerbissen sind. Typisch für Topinambur sind der relativ hohe Kalium- und der verhältnismäßig niedrige Stickstoffbedarf (250 bis 320 bzw. 80 bis 125 Kilogramm pro Hektar, Quelle FNR). Eine zu reichliche Stickstoffversorgung, auch bei Kompostdüngung, fördert zwar die Sprossentwicklung, bremst aber das Knollenwachstum und führt zu Fäulnis.    

Ernte und Lagerung

Ab November stellen die Knollen ihr Wachstum ein. Sie sind dann fünf bis zwanzig Zentimeter lang, haben einen Durchmesser von zwei bis fünf Zentimetern und sind im Durchschnitt rund 40 Gramm schwer. Gärtner nutzen für die Ernte eine Gabel, lockern die Erde um den Stängel und ziehen ihn zusammen mit den anhängenden Knollen aus dem Boden. Im großflächigen Anbau werden die Knollen mit Maschinen gerodet, die auch zur Kartoffelernte genutzt werden. Weil sich die Knollen im Boden lange halten, reicht die Erntezeit bis ins Frühjahr hinein. Frisch auf dem Markt gekaufte Knollen können bis zu zwei Wochen im Kühlschrank aufbewahrt werden, bevor sie eintrocknen. Alternativ bietet sich das Einfrieren an. Falls das Kraut als Rohstoff zur Biogasgewinnung eingesetzt werden soll, muss es bereits im September mit einem Maishäcksler geerntet werden. Später verholzen die Stängel und der Gasertrag sinkt. Bleiben die Stängel bis in den Winter stehen, sind sie so trocken, dass sie sich auch als Brennstoff eignen. Der Brennwert von 15 Tonnen trockenem Topinamburkraut entspricht dem von circa 4 800 Litern Heizöl (Quelle www.nachwachsende-rohstoffe.biz).

Zahlen

Die gesamte Anbaufläche in Deutschland beträgt rund 500 Hektar, davon dienen rund 50 Hektar der Gemüseproduktion. (Quelle www.nachwachsende-rohstoffe.biz). Der Schwerpunkt liegt dabei in Südbaden, kleinere Flächen befinden sich in Brandenburg und auf den leichten Böden Mecklenburg- Vorpommerns und Niedersachsens. Rund 60 bis 80 Tonnen  Knollen können pro Hektar heranwachsen (Quelle BWagrar), also sechs bis acht Kilogramm pro Quadratmeter. Das Kraut erzielt im September bis zu 20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar (Quelle FNR).

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