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Ein typisches Bild im Frühjahr: Wiese mit blühendem Löwenzahn. Er wird jedoch auch als Gemüse kommerziell angebaut. Foto: Fotolia
21.04.2016
Schule & Wissen

Grün oder gelb-weiß gebleicht – Gezackter Salat aus Löwenzahnblättern

Russischer Löwenzahn für Forscher als Kautschuk-Ersatz interessant

Bei Löwenzahn denken alle sofort an die gelbe Pusteblume. Vielen ist auch die gleichnamige Kindersendung ein Begriff, deren früherer Autor und Moderator, Peter Lustig, vor kurzem verstorben ist. Löwenzahn hat viele Namen: Kuhblume, Butterblume, Schirmchenflieger oder auch Pissnelke. Kinder lieben ihn, Gartenbesitzer hassen ihn. Einige Landwirte und Gärtner hierzulande bauen ihn als Salat an, doch auch als Ersatz für Kautschuk macht die gelbe Blume vielleicht bald Karriere.

Löwenzahn ist ein häufiger Neubürger auf nährstoffreichen Wiesen, an Feld- und Wegrändern und auf dem Rasen im heimischen Vorgarten. Er ist eine Ruderalpflanze, das heißt, seine weit vom Wind getragenen Samen erobern schnell neue Flächen. Man findet ihn deswegen zum Beispiel auch auf Schutthalden oder in Fels- und Mauerritzen. Er passt sich an fast alle Gegebenheiten an, er wächst auf trockenen Standorten wie auf niederschlagsreichen, in sauren und alkalischen Böden, im Flachland bis ins Hochgebirge in 2800 Metern Höhe.

Bienenweide, Diureticum, Kaffee-Ersatz und Salat

Botanisch gesehen werden mehrere Arten des Gewöhnlichen Löwenzahns mit unterschiedlichen Chromosomensätzen zu einer Sammelart, Taraxacum officinale agg, zusammengefasst. Der gelb blühende Korbblütler ist eine wichtige Bienenweide, und gehört zu den Blüten, die die „Frühtracht“ im Honig ermöglichen. Die Menschen kennen Löwenzahn in der Heilkunde unter anderem als harntreibendes Mittel. Noch vor ein paar Jahrzehnten dienten Löwenzahnwurzeln wie auch Zichorienwurzeln als Kaffeeersatz. Bekannt ist er heute vor allem als leckerer, nur leicht bitterer Salat, der aus den jungen Blättern zubereitet wird. Die Verbraucher können die Löwenzahnblätter grün kaufen oder als gebleichte, gelbe Ware.

In Frankreich gebleicht, in Deutschland mit etwas grün

Der Landwirt sät den Löwenzahn im Frühjahr in ein gut vorbereitetes Saatbeet. Das ist eine Sache für den Profi; nur 3 Kilogramm Saatgut werden für einen Hektar, also 10 000 Quadratmeter, gebraucht. 1000 Samen wiegen nicht mal 1 Gramm, die kleinen Flieger sollen in der Natur ja schließlich weit fliegen. Maximal 5 Zentimeter beträgt der Abstand in der Reihe, 50 Zentimeter liegen zwischen den Reihen. Löwenzahn ist ein Dunkelkeimer, der Samen muss also mit Erde bedeckt sein. Die Kultursorten heißen beispielsweise Verbesserter Vollherziger, Nouvelle oder Riesentreib. Über den Sommer wird der Löwenzahn regelmäßig gepflegt, die Wurzeln gelockert, damit sie möglichst dick und kräftig werden, und mit Erde angehäufelt, damit die neuen Triebe möglichst lange unter der Erde treiben. Im Herbst wird der Löwenzahn gerodet und die buschigen Horste ins Kühllager gebracht.

Zum Austreiben werden sie wieder ins Warme gebracht. Ideal ist eine Temperatur von 18 bis 22 Grad Celsius. Die Rüben werden in mit Wasser gespülte Treibkisten gestellt. Manche Landwirte decken die Treibkisten auch mit schwarzer Folie ab. Diese haben zwei Funktionen: 1. Sie halten die Wärme in der Treibkiste, 2. Sie lassen kein Licht auf den Löwenzahn. Damit die Blätter gelblich-weiß bleiben, muss es dunkel sein. Dann können die Löwenzahnblätter kein Chlorophyll bilden, das für die grüne Blattfarbe notwendig ist. Durch diese Behandlung bildet der Löwenzahn zarte gelbe Herzen aus. Zum Verkauf in kleinen Portionen werden dann die Wurzeln knapp am Wurzelansatz abgeschnitten und die Löwenzahnblätter geputzt, gewaschen und verpackt. Während die Franzosen übrigens nur die gelb-weiß „gebleichten“ jungen Blätter mögen, essen die Deutschen ihn gerne mit grünen Spitzen, ein wenig bitterer, aber dafür mit mehr Vitaminen. Die Bitterstoffe Inulin regen die Produktion von Magensäften und Galle an. Die Österreicher essen den Löwenzahnsalat gern mit einer Speck-Rahmsoße und im Saarland wird auch noch ein hart gekochtes Ei dazu gegeben.

Auch als Kautschuk-Ersatz geeignet

Interessante Entwicklungsmöglichkeiten hat übrigens der russische Löwenzahn (Taraxacum kok-saghyz). Mit ihm haben deutsche Wissenschaftler noch Großes vor und prognostizieren der Wildpflanze eine Karriere als Autoreifen, Gummihandschuh, Matratze oder Kondom. Als Naturkautschuk-Ersatz hat der russische Löwenzahn nämlich ein großes, bisher noch ungenutztes Potenzial: Seine Wurzeln enthalten einen weitaus größeren Anteil an Kautschuk als der deutsche Löwenzahn. Der milchweiße Saft aus den Löwenzahn-Pflanzen könnte für einige Landwirte zu einer Einkommensalternative werden.

Vom Unkraut zum Hauptkraut

In einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt mit insgesamt zehn Forschungseinrichtungen werden derzeit der großflächige Anbau und die Verarbeitung des Löwenzahns näher untersucht. Der Kautschuk aus Löwenzahn ist sehr vielversprechend. Die Qualität ist ähnlich der des Naturkautschuks; der Gehalt in den Wurzeln beträgt etwa 10 Prozent, sodass eine industrielle Nutzung wirtschaftlich möglich scheint. Ein weiterer interessanter Inhaltsstoff der Löwenzahnwurzel ist das Inulin, welches als Zuckerersatz in der Ernährungsindustrie verwendet wird. Der dritte Forschungsgegenstand ist die Unkrautbekämpfung und die Entwicklung eines Herbizid-Managements, da der Löwenzahn eine langsame Jugendentwicklung und geringe Unkrautunterdrückung hat. So macht der Löwenzahn, den die Landwirte nicht gerne auf ihren Wiesen sehen, da er nur einen geringen bis mittleren Futterwert hat, einen Bedeutungswandel hin zu einer Hauptkultur durch, die es zu pflegen und zu mehren gilt.

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