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Sojabohnenernte Ende September 2013 in der Nähe von Köln. Foto: Matthias Wiedenau
17.10.2013
Schule & Wissen

Demnächst große Sojafelder in Deutschland?

Eiweißquelle für Nutztiere wird vorwiegend aus Südamerika importiert

Die Sojabohne ist momentan noch ein Exot auf deutschen Äckern. Dabei gibt es schon seit Jahrzehnten Bestrebungen, den Anbau des Eiweißlieferanten für Nutztiere und Rohstoffs für Tofu und Sojamilch auszudehnen. Seit einiger Zeit bekommt die politische Diskussion um „heimisches Eiweiß“ neuen Auftrieb. Gentechnikgegner befürchten, dass gentechnikfreies Soja auf dem Weltmarkt immer knapper wird. Außerdem wächst Soja in Südamerika dort, wo sich vorher Savannen und Regenwälder ausbreiteten. Dennoch muss die angepeilte Selbstversorgung kritisch hinterfragt werden.

Soja-Pflanze hierzulande nahezu unbekannt

2012 wurden nach Angaben der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft rund 4,5 Millionen Tonnen importiertes Sojaschrot  in deutschen Ställen verfüttert. Das hochwertige Eiweiß, das im sogenannten Presskuchen nach der Gewinnung des Ölanteils übrig bleibt, macht die Hülsenfrucht zu einem wertvollen Bestandteil vieler Mischfutter für Rinder, Schweine und Geflügel. In Deutschland ist die Pflanze nur auf wenigen Äckern anzutreffen. Sie wuchs laut Sojaförderring 2012 gerade einmal auf 5 000 Hektar, Winterweizen dagegen auf 3,1 Millionen Hektar. Aktuell kann die deutsche Sojaproduktion nur einen Bruchteil des Bedarfs decken.

Gv-Soja dominiert auf dem Weltmarkt

Die beiden größten Sojaexporteure für Lieferungen in die EU sind Brasilien und Argentinien. In diesen Ländern wird mittlerweile fast ausschließlich gentechnisch verändertes (gv) Soja angebaut. Europäisches Mischfutter enthält daher überwiegend gv-Soja. Füttern Bauern ihre Tiere jedoch mit konventionell erzeugtem Sojaschrot, können Eier, Fleisch oder Milch mit dem "ohne Gentechnik"-Siegel gekennzeichnet werden. Gerade deutsche Verbraucher fragen diese Produkte nach, auch wenn der Nutzen umstritten ist. Es wird allerdings immer schwieriger und teurer, die erforderlichen Mengen an konventioneller Ware zu beschaffen.

Kritiker der umfangreichen Importe bemängeln zudem, dass die europäischen Länder einen Teil ihrer Futtermittelerzeugung in Regionen mit geringeren Sozial- und Umweltstandards auslagern und dort große Flächen in Anspruch nehmen. Im Fall von Brasilien sind das überwiegend Savannen, die Jahr für Jahr um zwei Millionen Hektar schrumpfen. Doch der wachsende Flächenbedarf geht nicht auf das Konto der europäischen Länder, die in den letzten Jahren weniger Sojaprodukte eingeführt haben. Vielmehr ist in den aufstrebenden asiatischen Schwellenländern die Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln und damit auch nach Eiweißpflanzen gestiegen. Der weltweite Handel mit Sojabohnen ist nach Angaben der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in den letzten zehn Jahren weltweit um 60 Prozent auf 150 Millionen Tonnen regelrecht explodiert.

Soja-Anbau verlagern?

Es liegt also nahe, über den Anbau von Soja in Deutschland nachzudenken. Die buschige und rund einen Meter hohe Pflanze ist allerdings anspruchsvoll. Sie bringt bislang nur in den besonders sommermilden Regionen in Deutschlands Südhälfte gute Erträge. Zudem benötigt sie einen leicht erwärmbaren Boden und reichlich Wasser. Im Januar 2011 startete das Bundeslandwirtschaftsministerium ein dreijähriges Forschungsprojekt, um den Sojaanbau durch verbesserte Anbauverfahren und Sorten zu fördern. Schnelle Erfolge sind hier jedoch nicht zu erwarten.

Die Befürworter einer europäischen Eiweißstrategie wollen außerdem verstärkt heimische Pflanzen nutzen. Raps und andere Hülsenfrüchte wie Ackerbohnen, Futtererbsen oder Süßlupinen enthalten nämlich ebenfalls hochwertiges Eiweiß, wenn auch in geringeren Anteilen. Sie könnten Soja ersetzen. Dies hätte allerdings  weitreichende Konsequenzen. Es müssten nämlich rund 20 bis 25 Prozent unserer Ackerfläche mit diesen Kulturen bestellt werden, die bislang mit Ausnahme des Raps überwiegend unwirtschaftlich für die Landwirte waren. Damit würde zwar das Eiweiß-„Loch“ gestopft, aber dafür würden neue aufgerissen. Statt Soja müssten nun andere Agrarrohstoffe, wie beispielsweise Weizen oder Gerste, verstärkt eingeführt werden. Diese würden aber auf den gegebenenfalls freiwerdenden Flächen in Brasilien und Argentinien deutlich geringere Erträge pro Hektar liefern als unter unseren Klimaverhältnissen. Unter dem Strich stiege der Flächenbedarf also noch stärker.

Innovationen erforderlich

Die weltweit verfügbare Fläche ist bekanntlich begrenzt und Landreserven wie Savannen oder Regenwälder sind bereits stark geschrumpft. Statt Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzflächen sind Innovationen in Züchtung und Anbauverfahren gefragt. Auf den vorhandenen Flächen müssen die Landwirte möglichst hohe Erträge erwirtschaften, und das nachhaltig. Ertragreichere und weniger wärmebeanspruchende Sojabohnensorten sind ein Ziel, sie gezielt vor Unkräutern und anderen Schadorganismen zu schützen ein weiteres. Ebenso ist es zur Ernährung der wachsenden Erdbevölkerung erforderlich, dass auch die übrigen Kulturen effizienter angebaut werden. Die Sojathematik darf nicht isoliert betrachtet werden, sie muss im Rahmen einer übergreifenden Lösung angegangen werden.

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