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Die 3 bis 4 mm große Andromeda-Netzwanze ist an einem schwarzen Schild über dem Kopf gut zu erkennen, der sogenannten Halsblase, deren Funktion aber unbekannt ist. Quelle: M. Hommes, Julius-Kühn-Institut
04.05.2007
Schule & Wissen

Bunte Wanzenwelt in Feld und Garten

Vielfalt vom Pflanzenschädling bis zum Nützling

Kaum eine Ordnung der Insekten verfügt über ähnlich viele Farben, Formen und Ernährungsweisen: Wanzen sind weltweit und in allen Lebensräumen zuhause. In Wald und Flur tragen sie zur Vielfalt der Fauna bei; manche werden als Pflanzenschädlinge gefürchtet, andere als Nützlinge geschätzt.

Von den etwa 40 000 bekannten Wanzenarten sind etwa 1 000 in Europa zuhause. Ihre Zahl nimmt jedoch mit dem weltweiten Handel ständig zu. Auch der Klimawandel trägt dazu bei, dass sich die Wärme liebenden Spezies weiter ausbreiten.

Dreieckiges Schildchen als Markenzeichen

Wanzen sind leicht an dem dreieckigen Schildchen zu erkennen, das hinter dem Halsschild ansetzt. Es kann sehr klein sein oder so groß, dass es die Flügel bis zur Hinterleibsspitze überragt. Die ungleiche Struktur der Flügel – die Vorderflügel sind zu Deckplatten versteift – brachte den Wanzen ihren wissenschaftlichen Namen Heteroptera ein: hetero kommt von ungleich und pteron bedeutet Flügel.

Auf Flüssignahrung spezialisiert

Wanzen können nur flüssige Nahrung aufnehmen. Ihre stechend-saugenden Mundwerkzeuge bestehen aus einer mehrgliedrigen Röhre mit Speichel- und Nahrungskanal sowie Stechborsten, die an der Spitze mit scharfen Zähnchen bestückt sind. Mit ihnen bohrt die Wanze Pflanzen oder Beutetiere an, injiziert ihren Speichel zur Verdauung der Beute oder des Pflanzengewebes und saugt die flüssige Nahrung auf. Der Stich von Raubwanzen kann auch für Menschen sehr schmerzhaft sein, allerdings stechen diese Arten Menschen nur in Notwehr.

Schädlinge an Obst, Getreide und Gemüse

Nicht alle Pflanzenwanzen schädigen ihre Wirte. Einige können jedoch im Zierpflanzen- und Gemüsebau sowie auf dem Acker Schäden verursachen:

Die Beerenwanze (Dolycoris baccarum) ist überall dort anzutreffen, wo Beeren gedeihen: auf Wiesen, in Mischwäldern, auf Waldlichtungen und häufig auch in Gärten. Sie saugt an den Beeren und macht diese mit ihrem bitteren Speichel für den Menschen ungenießbar.

Die Kohlwanze (Eurydema oleracea) lebt auf Kreuzblütlern und kann auf Kohlfeldern bei starkem Befall Schäden anrichten.

Meldenwanzen (Piesmatidae) saugen an Gänsefußgewächsen wie Rüben, Spinat und den Melden, einem Ackerunkraut.. Sie gelten als Rübenschädlinge, weil sie das gefürchtete Kräuselvirus übertragen. Die männlichen Wanzen machen durch Zirptöne auf sich aufmerksam.

Netzwanzen schädigen Rhododendron, Heidelbeeren und Zierheide

Die heute bedeutendsten Schädlinge unter den Pflanzenwanzen sind die Rhododendron-Netzwanzen Stephanitis obert und S. rhododendri. Ab Mitte Mai schlüpfen die zunächst gelblich braunen, flügellosen Larven und entwickeln sich nach mehreren Häutungen bis Ende Juli bis zur drei bis vier Millimeter großen, dunkelbraunen Imago. Typisch sind ihre netzartig geaderten Flügel. Erkennbar wird der Wanzenbefall an den gesprenkelten Verfärbungen der Blätter. Sie entstehen durch die mit Luft gefüllten Saugstellen. Ein weiterer Hinweis auf den Schädling sind die dunklen Kottropfen an den Blattunterseiten. Die Blätter verdorren und sterben ab und bei starkem Befall kümmert die ganze Pflanze. Im Frühsommer können die Larven, die recht unbeweglich sind, mit einem starken Wasserstrahl von den Pflanzen abgespült werden. Beim Einsatz von Kontaktinsektiziden ist es notwendig, auch die Blattunterseiten gut zu benetzen, da sich die Tiere dort bevorzugt aufhalten.

Seit einigen Jahren breitet sich auch die aus Japan stammende Andromeda-Netzwanze (Stephanitis takeyai) bei uns aus. Sie befällt die ebenfalls aus Japan stammende Lavendelheide, eine beliebte Schmuckpflanze in Gärten, Parks und auf Friedhöfen.

Als Blattlausjäger geschätzt

Einige Wanzen und ihre Larven leben räuberisch und ihre Vorliebe für Blattläuse macht sie zu begehrten Nützlingen. Zu ihnen zählt die zur Familie der Blind- oder Weichwanzen (Miridae) gehörige Spezies Deraeocoris flavilinea, eine sechs bis 7,5 Millimeter große, dunkelbraune Wanze mit rötlichen Flecken an den Spitzen der Flügel und hell geringelten Fühlern. Weitere Blattlausjäger sind die Blumenwanze (Anthocoris) und der Wald-Blattlausjäger (Anthocoris nemorum).

Harmlos aber lästig: Wanzeninvasionen

Manche Wanzen treten zuweilen massenhaft auf. Dann kann es vorkommen, dass ganze Hauswände von ihnen bedeckt sind. Eine Spezies, die zu Massenaufläufen neigt, ist die Kleine Birkenwanze (Kleidocerys resedae), eine fünf bis sechs Millimeter große, gelblich-braune Wanze mit langen, häutigen Vorderflügeln. Lästig sind auch Stinkwanzen. Fühlen sie sich bedroht, verströmen sie aus Duftdrüsen am Hinterleib eine streng riechende Flüssigkeit. Zu den bekanntesten Stinkern zählt die Grüne Stinkwanze (Palomena prasina), die im Sommer im leuchtend grünen Kleid daherkommt. Im Herbst verfärbt sich ihr Äußeres braun bis rotbraun. Sie lebt auf Brombeeren, Himbeeren und Brennnesseln.