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Blumenuhr auf der Insel Mainau. Foto: Mainau GmbH
10.01.2012
Forschung & Technik

Ohne Bienen geht die Blumenuhr nach

Agrarökologen entdecken: Unbestäubte Blüten sind länger geöffnet

Auch Pflanzen haben ihren eigenen Biorhythmus. Viele Blumen öffnen und schließen ihre Blüten zu exakten Uhrzeiten. Daraus entstand der Begriff „Blumenuhr“. Wissenschaftler der Universität Göttingen haben nun Erstaunliches beobachtet: Das florale Uhrwerk funktioniert nur, wenn die Bienen pünktlich Bestäubungsarbeit leisten. Lassen diese auf sich warten, bleiben die Blüten noch einige Stunden länger geöffnet – die „Blumenuhr“ geht also nach.

Blumenuhr nicht so verlässlich wie lange angenommen

Angeblich genügte dem schwedischen Naturforscher Linné im 18. Jahrhundert ein Blick auf seine Blumenuhr, um die Zeit bis auf fünf Minuten genau abzulesen. Linné wusste noch nicht, dass die Öffnungszeiten der Blüten auch durch Bestäuber mitbestimmt werden. Dieser Einfluss wurde lange übersehen, bis Göttinger Wissenschaftler mit dem Korbblütler Kleinköpfiger Pippau experimentierten. Ihre 2011 veröffentlichten Ergebnisse zeigen: Der Pippau schließt seine Blüten gegen 13 Uhr, wenn genügend Bienen umherfliegen. Schirmt man die Blumen mit feinen Drahtkäfigen gegen Insekten ab, halten sie ihre Blüten bis etwa 19 Uhr offen. Die Blüten warten offenbar noch auf ihre Bestäuber. Die Wissenschaftler bestäubten auch Blüten in einem abgeschlossenen Käfig per Hand. Daraufhin schlossen sie sich bereits nach ein bis zwei Stunden. Diese Beobachtungen können zukünftig genutzt werden, um den Bestäubungserfolg zu messen, ohne die Entwicklung der Samen abwarten zu müssen.

Längere Blüten-Öffnungszeiten steigern die Konkurrenz

Unterschiedliche/versetzte Blühzeiten ermöglichen eine bessere Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Bestäuber mit Nektar und Pollen. Wären alle Blüten gleichzeitig geöffnet, würden Pflanzen um Bestäuber und Bestäuber um Pflanzen konkurrieren. Die Göttinger Agrarökologen weisen mit ihren Versuchen erstmals nach, dass ein Rückgang der Bienen bei einzelnen Pflanzen dazu führt, dass sich die Blüten später schließen. Beobachtet wurden auch Verschiebungen bei den komplexen Nahrungsnetzen zwischen Pflanzen und Insekten: Zum Beispiel gibt es auf einer Wiese Bienen, die sich auf die Pflanzen beschränken, die am Vormittag „geöffnet“ haben und andere Bienen, die am Nachmittag blühende bevorzugen.

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