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Reis, das Grundnahrungsmittel in Asien – Foto: Bayer CropScience
18.10.2010
Forschung & Technik

Landwirtschaft in Südostasien braucht dringend Innovationen

Neue Reissorten, Pflanzenschutzmittel, Dünger und Management – Landwirt Dr. Walter Zwick vermittelt Know-how an Kleinbauern

Starkes Bevölkerungswachstum, zeitweilige Lebensmittelimporte und eine arme Landbevölkerung – diese typischen Kennzeichen für Entwicklungsländer treffen besonders für Kambodscha, Burma und Laos zu. Eine produktivere Landwirtschaft könnte viele Probleme lindern. Walter Zwick berät seit seiner Pensionierung als „Senior Experte“ Kleinbauern. Seine Ziele: Erträge steigern, Qualitäten verbessern und Ausbildung vorantreiben.

Herr Zwick, Sie sind seit sechs Jahren ehrenamtlich als landwirtschaftlicher Berater in Asien unterwegs. Wieso genießen Sie Ihren Ruhestand nicht in Ihrem Garten zusammen mit Ihren vier Enkeln?

Nach meiner Pensionierung hat mich ein Freund gefragt, ob ich gerne für den Senior Experten Service tätig werden möchte. Dies ist eine Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit. Sie vermittelt aktive Ruheständler, vom Maurermeister bis zum Arzt, in Entwicklungsländer. Das hat gut gepasst, weil ich meine Erfahrungen gerne weitergeben wollte. Jetzt fahre ich bereits zum zehnten Mal zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nach Kambodscha. Auch in Burma und auf den Philippinen habe ich bereits Landwirte beraten.

Was motiviert Sie? Es sind wahrscheinlich nicht die vier US-Dollar Taschengeld pro Tag…

Nein, hier kommt es nicht auf das Geldverdienen an, sondern darauf, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern. Weil ich in meinem Berufsleben einige Erfahrungen im Bereich des Pflanzenschutzes und der landwirtschaftlichen Praxis gesammelt habe, kann ich dazu beitragen. Meine Ziele lauten in dieser Reihenfolge: Erträge steigern, Qualitäten verbessern und Ausbildung vorantreiben. Kambodscha hat nach wie vor viele arme Kleinbauern, die mehr schlecht als recht von ihrer Subsistenzwirtschaft leben. Die Landwirtschaft bietet jungen Leuten wenig Perspektiven, sie ziehen in die Städte, häufig in Elendsviertel. Hier kann mehr landwirtschaftliches Know-how weiterhelfen, darin sehe ich meine Aufgabe.   

Wie versuchen Sie Ihre Ziele zu erreichen?

Wenn ich ein Projekt übernehme, schaue ich mir erst einmal ganz genau an, wie die Bauern wirtschaften und wo die Probleme liegen. Dann überlegen wir gemeinsam, wie wir es besser machen können. Ich halte nämlich nichts davon, einfach Patentrezepte überzustülpen. Das Prinzip des integrierten Pflanzenbaus sollte aber immer im Hinterkopf sein. Ein Beispiel: In Kambodscha ließen die Bauern bislang ihre Rinder das Reisstroh abweiden. Sie wussten nicht, dass lange auf dem Acker verbleibendes Reisstroh Reiskrankheiten wie Piricularia orizea fördert. Jetzt bekommen die Tiere das Reisstroh im Stall. Im folgenden Jahr ist der Reis gesünder und die Bauern in meinem Projekt produzieren zudem aus den Rinderexkrementen Biogas, das sie wiederum zum Reiskochen nutzen. 

Welche Rolle spielen Pflanzenschutz und Feld- und Farmhygiene?

Zusammen mit Sortenwahl, Düngung und Wassermanagement sind Pflanzenschutz und Farmhygiene entscheidend für Erträge und Qualitäten. Dazu zählt für mich auch die Rattenbekämpfung im Reislager. Bislang lag das Ertragsniveau auf den betreuten Betrieben bei knapp zwei Tonnen pro Hektar. Mit den genannten Maßnahmen haben wir eine realistische Chance, es innerhalb von drei Jahren auf vier Tonnen zu bringen. Ganz wichtig sind eine Behandlung gegen Ungräser und bei Bedarf Maßnahmen gegen Krankheiten und Insekten wie Zikaden und den Reisstängelbohrer. In dem warmen und feuchten Klima kann es schlagartig zu starkem Befall kommen, dann muss man schnell reagieren. 

Welche Hilfestellung geben Sie den Kleinbauern, damit sie Pflanzenschutzmittel richtig anwenden?

Wir geben den Bauern Abbildungen mit Symptomen und Schaderregern an die Hand, damit sie diese sofort erkennen. Außerdem erklären wir, wie die Mittel richtig angewendet werden. Das beinhaltet auch den Anwender- und den Umweltschutz. Leider gibt es kaum staatliche Beratung. 

Können Kleinbauern neue Sorten und Pflanzenschutzmittel überhaupt bezahlen?

Weil die Erträge jetzt deutlich steigen, rechnen sich auch unsere Investitionen. Auf den Philippinen habe ich gute Erfahrungen mit Kleinkrediten der katholischen Kirche gemacht. Um den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen, bekommen Bauern Geld für den Einkauf ihrer Betriebsmittel und zahlen es nach der Ernte wieder zurück. 

Welche persönlichen Erfahrungen bringen Sie von Ihren Aufenthalten mit?

Es gibt immer wieder auch Rückschläge, vieles geht sehr langsam. Ich musste lernen, mich in Geduld zu üben, genau hinzusehen und zuzuhören. Vor allem aber habe ich erfahren, dass Entwicklungshilfe keine Einbahnstraße ist. Wir geben den Menschen zwar Know-how weiter, aber wir bekommen auch sehr viel zurück. Die große Freundlichkeit und die Dankbarkeit der Menschen wiegen vieles auf.

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