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Grüne Gentechnik ist nach wie vor umstritten. Foto: istock
13.03.2014
Forschung & Technik

Gentechnik bleibt in der Diskussion

Für die einen ist die Gentechnik eine Züchtungsmethode mit großem Potenzial, für die anderen Teufelswerk

"Deutschlands Felder sind gentechnikfrei" meldet das Internetportal transgen.de. Ob man sich darüber freuen soll oder nicht, ist eine Frage des Blickwinkels.

Im Februar 2014 stimmte der EU-Ministerrat in Brüssel gegen die Zulassung der gentechnisch veränderten Maissorte 1507, allerdings nicht mit der nach EU-Recht erforderlichen qualifizierten Mehrheit. Damit geht die Entscheidung an die EU-Kommission zurück, die diese Maissorte in der Europäischen Union zulassen wird. Sie wäre nach der Maissorte MON810 die zweite, die dann dort angebaut wird. Die Diskussion um die Gentechnik wird damit nicht zu Ende sein.

In Europa umstritten, weltweit auf Wachstumskurs

Aufgrund des schwierigen Marktumfelds für die Pflanzenbiotechnologie in Europa haben die großen Unternehmen ihre Aktivitäten längst in andere Teile der Welt ausgelagert. Auch kleinere Züchtungsunternehmen und namhafte Forschungseinrichtungen haben eigene Projekte mit gentechnisch veränderten Pflanzen zum Teil komplett aufgegeben. Die kommerzielle Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU konzentriert sich auf den Anbau von insektenresistentem Mais (MON810) in Spanien und Portugal. Dort nehmen die Flächen seit einigen Jahren kontinuierlich zu. In Spanien liefern gentechnisch veränderte Sorten einen Anteil von gut 30 Prozent an der nationalen Maiserzeugung, in Portugal sind es knapp zehn Prozent. Auch in Rumänien, der Slowakei und Tschechien hielt dieser Mais Einzug auf den Feldern. Insgesamt wurde 2013 in den fünf EU-Mitgliedstaaten auf knapp 149 000 Millionen Hektar der gentechnisch veränderte Mais angebaut. In Deutschland gab es 2013 keinen kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Daran wird sich wohl auch 2014 nichts ändern.

Im Vergleich zu Europa nimmt der Anbau von gv-Pflanzen in Nord- und Südamerika sowie in Asien seit Jahren kontinuierlich zu. Von den neuen Züchtungsmerkmalen wie Trockentoleranz oder Virusresistenz versprechen sich diese Staaten wichtige Impulse für eine erfolgreiche und nachhaltige Landwirtschaft – vor allem im Hinblick auf die globalen Herausforderungen wie Klimawandel und wachsende Weltbevölkerung. Gentechnisch veränderte Kulturen wie Bohnen, Zuckerrohr oder Reis stehen quasi „in den Pflanzlöchern“. Großer Hoffnungsträger ist der sogenannte "Golden Rice", der sich durch einen besonders hohen Anteil an Provitamin A auszeichnet. 2016 soll mit der Abgabe an philippinische Landwirte begonnen werden.

Weltweite gv-Anbauflächen erneut erweitert: 175 Millionen Hektar

Im vergangenen Jahr sind die Anbauflächen für gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit auf 175 Millionen Hektar gestiegen. Das sind noch einmal fünf Millionen Hektar mehr als im Jahr 2012. Das entspricht knapp der Hälfte der Ackerfläche Deutschlands. Laut der Agro-Biotechnologie-Agentur ISAAA (International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications) nutzen weltweit rund 18 Millionen Landwirte gv-Pflanzen, mehr als 90 Prozent davon sind Kleinbauern.

An der Spitze stehen weiterhin die USA (70,1 Millionen Hektar) vor Brasilien (40,3 Millionen Hektar), Argentinien (24,4 Millionen Hektar), Indien (11,0 Millionen Hektar), Kanada (10,8 Millionen Hektar) und China (4,2 Millionen Hektar). Zudem verzeichneten Paraguay, Südafrika, Pakistan, Uruguay und Bolivien Flächen mit gv-Pflanzen von über einer Million Hektar.

Weltweit konzentriert sich die kommerzielle Nutzung von gv-Sorten weiterhin auf Sojabohnen, Mais, Baumwolle und Raps.

EU-Versorgungssicherheit gefährdet

In Sachen Gentechnik driften die Staaten auseinander. Handelskonflikte sind vorprogrammiert. Die europäische Agrar- und Lebensmittelwirtschaft ist abhängig von Agrarimporten. Die EU produziert beispielsweise selbst nur rund ein Drittel des für die heimische Tierhaltung benötigten Eiweißes. Etwa 35 Millionen Tonnen Import-Soja müssen diese „Eiweißlücke“ jedes Jahr schließen – rein rechnerisch sind das 65 Kilogramm für jeden EU-Bürger. Die wichtigsten Exporteure (Brasilien, Argentinien und die USA) liefern mehr als 90 Prozent der weltweit benötigten Sojabohnen. Deutsche Hähnchen- und Putenhalter werden 2014 GVO-Soja einsetzen, meldete der Erzeugerverband, weil das Angebot an GVO-freiem Soja kleiner sei als der weltweite Bedarf.

Auch eine separate "gentechnik-freie" Erzeugung für den europäischen Markt wird immer aufwändiger und teurer, zumal für in der EU noch nicht zugelassene GVO-Produkte die sogenannte "Null-Toleranz" gilt. Deshalb wurden mehrfach Überseeschiffe mit Sojabohnen in EU-Häfen abgewiesen, weil in der Ladung minimalste Spuren des in der EU noch nicht zugelassenen GV-Maises gefunden wurden.

Standorte weltweit nachhaltig nutzen

Die EU beansprucht für ihre Agrarimporte weltweit insgesamt 35 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche. Daher wird in Europa darüber diskutiert, den Anbau heimischer Eiweißpflanzen wie Ackerbohnen, Lupinen oder Futtererbsen auszudehnen, um so die Sojaimporte zu senken. Doch: Ihr Anbau ist in der Regel aufwändiger und ihr Eiweißanteil geringer. Gebraucht würden je nach Kultur 3,5 bis 7 Millionen Hektar Fläche. Käme es dazu, würde der Weizenanbau in der EU zurückgedrängt und die Gemeinschaft zu einem der größten Weizenimporteure. Um die benötigte Weizenmenge in Anbauregionen außerhalb Europas anzubauen, braucht man wegen der dortigen schlechteren Ertragsbedingungen im Vergleich zum Importsoja mehr als die doppelte Anbaufläche. Die gegenwärtige Anbauspezialisierung (Weizen in Europa, Sojabohnen in Südamerika) ist somit nachhaltiger für die globale Versorgung.

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