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Weizenfeld. Quelle: BASF AgroSlide
16.07.2009
Forschung & Technik

Ein Virus-Protein kann Weizen vor Brandpilzen schützen

Interview mit Dr. Christof Sautter vom Departement Biologie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ).

Ein Forscherteam um Dr. Christof Sautter vom Departement Biologie der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ) hat eine Weizensorte mit erhöhter Resistenz gegen Brandpilze entwickelt. Das Prinzip haben die Wissenschaftler Maispflanzen abgeschaut: Mais schützt sich selbst mit einem Virus-Protein gegen die Schaderreger. Den Forschern ist es gelungen, das Gen, das für die Bildung des Proteins verantwortlich ist, in Weizenpflanzen einzuschleusen. Profil sprach mit Dr. Christof Sautter über das Virus-Protein, seine Funktionsweise und die Chancen, die Gentechnik für die Resistenzforschung bei Nutzpflanzen eröffnet.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Virus-Gen bei der Züchtung von Weizen einzusetzen?

Auf die Idee haben uns die Untersuchungen von pilzlichen Erkrankungen bei Mais gebracht: Dabei fiel auf, dass Maispflanzen, die mit dem Maisbeulen-Brandpilz (Ustilago maydis) infiziert sind, gegenüber anderen Brandpilzen resistent sind. Die Ursache ist ein Virus, das sich im Gewebe des Maisbeulen-Brandpilzes befindet. Das Virus veranlasst den Pilz, ein bestimmtes Protein zu bilden. Dieses KP4-Protein verhindert, dass andere Brandpilze die Pflanze befallen.

Wie erklären Sie sich das?

Das KP4-Protein stört den Calcium-Transport in die Zellen von Brandpilzen. Die Zellen sterben zwar nicht ab, aber ihr Längenwachstum wird unterbunden. Somit können die Pilzsporen nicht - wie sonst für Brandpilze typisch - in die Samenanlagen der Wirtspflanzen hineinwachsen und in den Samen Millionen von Sporen bilden.

Und warum eignet sich ausgerechnet dieses Protein für die Entwicklung resistenter Weizensorten?

Es hat sich gezeigt, dass das KP4-Protein vor den Weizen-Schadpilzen Flugbrand (Ustilago tritici) und Stinkbrand (Tilletia caries) schützt. Brandpilzerkrankungen spielen bei Weizen nach wie vor eine große Rolle, auch wenn sie bei uns gut durch Fungizide kontrolliert werden können. Weltweit gehen jedes Jahr fünf bis zehn Prozent der Weizenernten durch den Flugbrand verloren. Unsere Versuche in Gewächshäusern haben gezeigt, dass die Weizensorte mit dem KP4-Protein im Vergleich zu normalen Weizensorten deutlich seltener am Flugbrand erkrankt. Normale Weizenpflanzen erkranken zu 100 Prozent, KP4-Weizen dagegen nur zu 40.

Welche Risiken sind Ihrer Meinung nach damit verbunden, dass im KP4-Weizen ein fremdes Protein gebildet wird?

Unsere Untersuchungen haben keine Hinweise auf eine Gefährdung von Mensch und Umwelt ergeben. Das liegt meiner Meinung nach an der sehr spezifischen Wirkungsweise des KP4-Proteins. Es beeinflusst Stoffwechselprozesse, die für einige Brandpilz-Arten typisch sind. Andere Pilze, wie zum Beispiel nützliche Bodenpilze (Mykorrhiza-Pilze), beeinflusst das Protein nicht. Auch Versuche mit Tierzellen haben keinen Hinweis auf eine Schädigung durch KP4 ergeben.

Wie schätzen Sie die Bedeutung für den KP4-Weizen für Landwirtschaft und Umwelt ein?

Meiner Meinung nach könnte dieser Weizen gerade in Entwicklungsländern und im biologischen Anbau, wo keine chemischen Fungizide eingesetzt werden dürfen, einen wichtigen Beitrag für die Pflanzengesundheit leisten.

Ohne Gentechnik gäbe es keinen KP4-Weizen. Wo sehen Sie die Vorteile der Gentechnik für die Resistenzzüchtung bei Nutzpflanzen?

Der klassischen Züchtung sind Grenzen gesetzt, weil unsere Nutzpflanzen nur ein begrenztes Reservoir an Resistenzgenen haben und weil sich verschiedene Resistenzen teilweise gegenseitig ausschließen. Die Gentechnik eröffnet die Möglichkeit, mehrere Resistenzen gezielt in einer Pflanze zu vereinigen. Das ist in dieser Form mit klassischer Züchtung praktisch unmöglich.

Und wo sehen Sie Nachteile?

Die Nachteile sind die enormen Widerstände, gegen die Wissenschaftler in Europa ankämpfen müssen, wenn sie auf dem Gebiet der Grünen Gentechnik forschen. Die bürokratischen Hürden sind so hoch, dass Grundlagenforschung kaum möglich ist. Das Schlimmste aber ist die mutwillige und von ideologischen Interessen geleitete Zerstörung von Freisetzungsversuchen. Dabei werden diese Versuche nur dann genehmigt, wenn hohe Sicherheitsstandards erfüllt sind. Ihre Zerstörung macht jahrelange mit öffentlichen Geldern geförderte Forschungsarbeit zunichte und verhindert so wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Menschen zugutekommen sollten.