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Baumwolle ist die Existenzgrundlage für viele Bauern in Entwicklungsländern. Quelle: Bayer CropScience
29.12.2009
Forschung & Technik

Baumwolle: mit Rückenwind durch FAO?

Naturfasern im Wettbewerb mit synthetischen Fasern - nachhaltiger Anbau gut für Verbraucher, Umwelt und Bauern

Auch wenn es nur wenige bemerkt haben: 2009 war das internationale Jahr der Naturfasern. Die FAO, die „Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation“ der Vereinten Nationen, machte damit auf die große Bedeutung von Baumwolle, Wolle oder Jute für eine nachhaltige Entwicklung aufmerksam. Baumwolle ist unter anderem die Existenzgrundlage für rund 100 Millionen Kleinbauernfamilien. Das „weiße Gold“ steht im Wettbewerb mit synthetischen Fasern, die mit homogenen Qualitäten und günstigen Preisen punkten können.

Multitalent Baumwolle

Bequeme Jeans, lässige T-Shirts, hautfreundliche Socken oder edle Hemden – viele Kleidungsstücke sind ohne Baumwolle nicht denkbar. Doch die Strauchkultur ist mit ihren langen Fasern nicht nur ein Rohstoff für Textilien. Während die kurzen Fasern zu Watte für Medizin und Kosmetik verarbeitet werden, gewinnt man aus den ölhaltigen Samen Speiseöle und technische Öle. Aus Pressrückständen wird Viehfutter. Das Multitalent Baumwolle wächst in etwa 130 Ländern. Mit einer Anbaufläche von 34 Millionen Hektar gehört die Baumwolle zu den wichtigsten Ackerkulturen weltweit. Mehr als 100 Millionen überwiegend einkommensschwache Bauernfamilien leben von den Erträgen des „weißen Goldes“, das in manchen Entwicklungsländern über die Hälfte des Exportgeschäfts ausmacht. Grund genug für die FAO, auf die Naturfasern im Allgemeinen und die Bedeutung der Baumwolle für Anbauer, Verarbeiter und Verbraucher im Besonderen hinzuweisen. Die FAO will dazu beitragen, den Anbau wirtschaftlich attraktiv und dabei umweltverträglich zu gestalten.

Scharfer Wettbewerb

Der Weltmarkt für Naturfasern ist hart umkämpft. Zu den größten Produzenten zählen China, USA und Indien. Der Wettbewerb unter den Erzeugerländern und die Konkurrenz durch synthetische Fasern drückt auf die Preise. Denn die überwiegend aus fossilen Rohstoffen hergestellten Kunstfasern sind preiswert und von homogener Qualität. Länge, Farbe, Form und Dicke lassen sich exakt nach den Vorgaben der Verarbeiter und des Handels bestimmen. Diese Vorzüge ließen den Anteil der Kunstfasern am Fasermarkt in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich ansteigen. Ein gewinnbringender Anbau des Naturproduktes ist fast nur noch in den Ländern möglich, deren Voraussetzungen optimal sind.

Aufwand und Ertrag müssen stimmen

Die Anbauer sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, wie sie noch effizienter produzieren können. Ziel ist, das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag so günstig wie möglich zu gestalten. Dabei helfen ihnen neue Sorten, verbesserte Anbautechniken, ausgeklügelte Bewässerung sowie immer gezielterer Pflanzenschutz - und immer bedarfsgerechtere Düngung. Die Durchschnittserträge von 372 Kilogramm pro Hektar im Jahr 1965 sind dadurch auf 765 Kilogramm im Jahr 2006 gestiegen.

Die Baumwollernten sind insbesondere durch tierische Schädlinge bedroht. Unkräuter und Krankheiten spielen eine untergeordnete Rolle. Saugende Insekten wie Weiße Fliegen, Blattläuse, Zikaden und Wanzen ernähren sich vom Pflanzensaft. Das beeinträchtigt die gesunde Entwicklung der Pflanzen. Beißende Schädlinge zerstören durch ihre Fraßtätigkeit das Pflanzengewebe und die Baumwollkapseln. Zu diesen Schädlingen gehören vor allem Raupen aus der Familie der Eulenfalter (Noctuidae). Die FAO appelliert daher an die Anbauer, die Prinzipien des Integrierten Pflanzenschutzes zu befolgen. Das bedeutet: die Kulturen regelmäßig beobachten und vorbeugende, biologische, mechanische und wenn nötig chemische Verfahren zum Schutz der Pflanzen zu kombinieren. Das schont gleichzeitig Anwender, Verbraucher und Umwelt. Aber trotz Vorbeugung und punktgenauer Bekämpfung fallen den Schaderregern große Teile der Ernten zum Opfer. Der Bonner Forscher Erich-Christian Oerke hat 2005 einen Wert von 29 Prozent ermittelt.

Bringt Biotechnologie den Quantensprung?

Im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzes hebt die FAO auch die Bedeutung von gentechnisch veränderten Bt-Baumwollsorten hervor. Diese Pflanzen produzieren selbsttätig das Gift des Bacillus Thuringiensis. Es ist für verschiedene schädliche Käfer tödlich. Der Baumwollbauer spart durch den Anbau dieser Sorten Treibstoff, Arbeitszeit und Pflanzenschutzmittel. Denn er benötigt weniger Insektizide und kann einige Behandlungen einsparen. Mittlerweile arbeiten Biotechnologen nicht nur an der Schaderregerabwehr, sondern auch an anderen Pflanzeneigenschaften. Um die Baumwolle fit für den Wettbewerb zu machen, wollen sie Fasereigenschaften wie Festigkeit, Länge, Färbbarkeit oder Knitterfestigkeit gezielt verbessern. Ein weiteres Forschungsziel sind standortangepasste Pflanzen. Trockentoleranz ist besonders erstrebenswert, da viele Anbaugebiete dürregefährdet sind. Deshalb fahnden die Forscher im großen Reservoir des globalen Genpools der Baumwolle nach den passenden Erbinformationen.