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Der 56seitige Bericht des Bundesforschungsministeriums bestätigt, dass kein erhöhtes Risiko durch transgene Pflanzen besteht. Foto: BMBF
02.04.2015
Forschung & Technik

25 Jahre Biologische Sicherheitsforschung – kein Hinweis auf Schäden durch Gentechnik

Bundesforschungsministerium legt die Zusammenfassung der staatlich geförderten Forschungsprojekte der letzten 25 Jahre über Umweltwirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen vor

„Jedes Maß verloren – Warum die Gentechnik eine Chance verdient hat“, lautet die Überschrift eines Kommentars von Philip Bethge im Magazin „Der Spiegel“ vom 28. Februar 2015. Er nimmt Bezug auf die Zusammenfassung über 25 Jahre Biosicherheitsforschung, die das Bundesforschungsministerium vorgelegt hat. Im Zentrum der Forschungen standen mögliche Risiken. Das Fazit: „Mit den bisher ins Freiland gebrachten gentechnisch veränderten Pflanzen waren keine gentechnikspezifischen Risiken verbunden.“, so Professor Joachim Schiemann vom Julius Kühn-Institut im Vorwort der 56 Seiten starken Broschüre. Seit 1987 wurden mehr als 300 Forschungsprojekte an über 60 unabhängigen Instituten innerhalb und außerhalb von Hochschulen durchgeführt. Mehr als die Hälfte an transgenen Pflanzen. Ergebnis: Kein erhöhtes Risiko, erst recht nicht für die Verbrauchergesundheit.

Die Broschüre stellt beispielhafte Forschungsprojekte vor. Alle Ergebnisse zeigen, dass der Furcht vor gentechnisch veränderten Organismen jegliche fachlich-wissenschaftliche Grundlage fehlt. Aus den 130 Forschungsprojekten, die in den letzten 25 Jahren mit insgesamt 300 Millionen Euro von der EU gefördert wurden, folgerte auch die EU-Kommission, dass Gentechnik keine größeren Risiken birgt als konventionelle Methoden der Pflanzenzüchtung.

Der gesamten Biosicherheitsforschung zum Trotz, die so gezielt wie vergebens nach Risiken fahndete, wird Grüne Gentechnik in Deutschland verboten. Woran das liegen könnte, erläutert Christian Dürnberger, Philosoph und Kommunikationswissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität München: „Gleichwohl nimmt die Öffentlichkeit die Risiken der Grünen Gentechnik als bedrohlicher wahr als es die Ergebnisse der biologischen Sicherheitsforschung tatsächlich nahelegen würden“, schreibt der Geisteswissenschaftler in seinem Vorwort. Sicherheitsgefühl und Risikowahrnehmung beruhten keineswegs nur auf der naturwissenschaftlichen Erkenntnislage zu Wahrscheinlichkeit und Ausmaß eines etwaigen Schadens. Vielmehr spielten dabei übergeordnete Wertvorstellungen und kulturelle Leitbilder eine zentrale Rolle. Dies sei für die eigentliche Forschungsarbeit zunächst einmal nicht von Bedeutung. Aufgabe der Forschung ist es, das Wissen um die biologischen Vorgänge zu mehren. Dürnberger empfiehlt allerdings, die wissenschaftliche Debatte in den gesellschaftlichen Kontext zu stellen. Dazu will die BMBF-Broschüre beitragen.

Philip Bethge schließt seinen Kommentar so: „Sie (die Gentechnik) bietet Zukunftschancen, auf die wir in Deutschland nicht verzichten sollten. Faktische Denk- und Forschungsverbote schaden allen.“

Beispielhafte Forschungsarbeiten zum Umweltverhalten

Bis heute hat das BMBF mit mehr als 100 Millionen Euro über 300 Vorhaben der biologischen Sicherheitsforschung gefördert, davon über 140 Projekte zur Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Pflanzen. Seit 2000 wurden drei Forschungsprogramme ausgeschrieben, die sich ausschließlich auf gentechnisch veränderte Pflanzen fokussierten. Die Broschüre enthält Beispiele der 2001 bis 2011 durchgeführten, BMBF-geförderten Forschungsarbeiten zum Umweltverhalten gentechnisch veränderter Pflanzen sowie zu den Auswirkungen auf die biologische Vielfalt im Agrarsystem und auf benachbarte Naturräume. Betrachtet wurden vor allem Mais, Kartoffeln, Getreide, Raps und ausgewählte Gehölze.

Geringere Auswirkungen als befürchtet

Eine der bekanntesten Kulturen im Zusammenhang mit der Gentechnik ist der Mais, auch als Bt-Mais bekannt. Vor allem dessen Wirkung auf die Vielfalt der Insektenwelt steht auf dem Prüfstand. In mehrjährigen Untersuchungen verfolgten Wissenschaftler deshalb die Häufigkeit und das Artenspektrum bestimmter Insekten in Maisfeldern und der direkten Umgebung. Auch die Konzentration von Bt-Proteinen im Boden und etwaige Auswirkungen auf Bodenmikroorganismen wurden überprüft. Es zeigte sich, dass Bt-Mais keine negativen Auswirkungen auf das Maisökosystem hat.

Pilzresistente Kartoffeln als Rohstoff für biologische Kunststoffe, Papier und Arzneimittel

Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit der sogenannten Cyanophycin-Kartoffel. Die Sorte wurde für Industrieprodukte (Stichwort Biokunststoff) entwickelt. Weitere Züchtungsziele bei Kartoffeln sind die Resistenz gegen die gefährliche Kraut- und Knollenfäule, verschiedene industrielle Verwertungsmöglichkeiten, etwa für die Papierherstellung, oder pharmazeutische Zwecke. Die gentechnisch veränderten Kartoffeln zeigten zwar gegenüber ihrer konventionellen Ausgangslinie Veränderungen im Stoffwechsel, im Wurzelwachstum und in der Besiedlung mit Bodenmikroorganismen. Diese Unterschiede sind jedoch kleiner als die Unterschiede zwischen verschiedenen konventionellen Kartoffelsorten und damit aus Sicht der Sicherheitsforschung unkritisch.

Auskreuzung selbst beim Raps geringer als gedacht

Als überbewertet erwies sich die Gefahr von Auskreuzungen, über die sich gentechnisch veränderte Sorten unkontrolliert in der Umwelt verbreiten könnten. Bei vielen Pflanzen ist diese Gefahr schon aus biologischen Gründen nicht gegeben. Anders ist dies beim Raps. Die meisten Freisetzungsversuche in Europa wurden mit Mais und Raps durchgeführt. Im Mittelpunkt steht die Züchtung herbizidtoleranter Pflanzen. Die Versuche wurden vor allem in Frankreich (116), Großbritannien (106), Deutschland (40), Belgien (50) und Schweden (40) durchgeführt. Trotz aller Skepsis ist aber selbst beim Raps die Gefahr eines „Wildwuchses“ wesentlich geringer als befürchtet.

Feuerbrandresistente Apfelbäume – politisch unerwünscht

Auch im Obstbau setzt man Hoffnungen in die Gentechnik. Die Baumkrankheit Feuerbrand, die das Roden ganzer Plantagen notwendig machen kann, ist derzeit mit zugelassenen Mitteln nicht bekämpfbar. Das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen des Julius Kühn-Instituts in Dresden veränderte Apfelbäume gentechnisch so, dass sie den bakteriellen Erreger des Feuerbrandes abwehren können. Noch steckt man hier in der Forschungsphase. Doch selbst bei Erreichen des Forschungsziels würde das Ergebnis aufgrund der politischen Vorgaben wohl kaum in der Praxis ankommen.

Die Broschüre will aufklären und verdeutlichen, dass die Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt bei der Entwicklung und Anwendung der Grünen Gentechnik oberste Priorität hat. Die Darstellung von Forschungsvorhaben in Experteninterviews, die Vorstellung neuer Züchtungsverfahren sowie ein hilfreiches Glossar mit Fachbegriffen aus der Gentechnik vervollständigen die Publikation.

Die Broschüre zum Downloaden gibt es hier

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